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Hanf-Spielereien

■ „Hanf“-Redakteure zeigten Abgeordnete an, die von einer Initiative Cannabis-Samen erhielten

Bonn (taz) – Skandal in Bonn. Haben sich mehrere der 672 Bundestagsabgeordneten strafbar gemacht, indem sie gegen betäubungsmittelrechtliche Bestimmungen verstoßen haben? Sind unsere Politiker Kiffer und Hanfbauern? Das jedenfalls läßt sich nach einer Anzeige bei der Bonner Staatsanwaltschaft vermuten.

Folgendes war passiert: Am 2. Februar hatten alle Abgeordnete Post von der „drogenpolitischen Guerilla“ erhalten. Inhalt: ein paar Körner feinsten Cannabis-Samens.

Insgesamt ergoß sich ein Samenregen von 40 Millionen Körnern, Gesamtgewicht eine Tonne, über die Abgeordnetenbüros in Bonn. Die drogenpolitische Guerilla, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Legalisierung von Hanf zu fördern, wollte damit auf das Verbot der Samen der Cannabispflanze aufmerksam machen, das am 2. Februar in Kraft getreten ist.

Diese Aktion hat nun Folgen. Drei Zeitgenossen, die unter anderem durch die taz-Berichterstattung auf den Fall aufmerksam geworden waren, zeigten die Bundestagsabgeordneten wegen unerlaubten Besitzes von Cannabis-Samen an. Es handelt sich dabei um Redakteure der Redaktion Hanf und der red AKTION grow, zweier Hanfmagazine. Der Dritte im Bunde ist ein Mitglied der Bündnisgrünen. In ihrer Strafanzeige, die sie mit Hilfe eines Anwaltes aufgesetzt haben, schreiben sie: „Aufgrund von Pressemitteilungen und Veröffentlichungen müssen wir davon ausgehen, daß alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages im Besitz von Hanfsamen sind, die illegal angebaut werden sollen. Solche Samen zählen nach der aktuellen Fassung (10. BtMÄnd VO, BGBl. vom 23. Januar 1998, TeilI) des BtMG zu den nicht verkehrsfähigen BtM n. Anl.III BtMG. Ihr unerlaubter Besitz ist strafbar.

Die Anzeigenerstatter begründen ihre Aktion damit, „daß die Abgeordneten einen lebendigen Eindruck von den Konsequenzen der Gesetze erhalten sollen, die sie selbst erlassen.

Unbescholtene Bürger, die ihr Leben ansonsten völlig gesetzestreu führen, fallen plötzlich und unverhofft der Strafverfolgung zum Opfer, obwohl sie niemandem schaden: Jedes Jahr etwa 60.000 Menschen.“

Mitglieder der drogenpolitischen Guerilla zeigten sich gestern erfreut über die Aktion. „Wir haben damit natürlich nichts zu tun“, sagte einer von ihnen gegenüber der taz, „aber wir freuen uns, daß unsere Aktion Kreise zieht.“ Markus Franz

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