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„Ein Recht auf schönes Wohnen“

■ Architektur-Professor Jos Weber im Interview: Menschen identifizieren sich mit ihrer Wohnung nur, wenn sie ihnen auch gehört

taz: Wie wohnen Sie?

Jos Weber: In einer Altbau-Eigentumswohnung in Eppendorf.

Eine Wohnform, nach der Umfragen zufolge ein Drittel der Hamburger strebt: Warum sind so viele Menschen auf der Suche nach der Stadt von vor 100 Jahren?

In Altbau-Vierteln gibt es noch die Vielfalt im Stadtquartier, die man in reinen Wohn-Neubauquartieren wie Mümmelmannsberg nicht findet. Außerdem bieten die Wohnungen den Vorteil, daß alle Zimmer ähnlich groß sind: Sie sind nicht für einen bestimmten Zweck vorherbestimmt.

Neubauten haben keine Chance?

Doch. Ich würde lieber eine moderne Wohnung haben, die genauso schön aussieht und mitten in Eppendorf liegt. Aber die ist nicht bezahlbar.

Warum eigentlich nicht? Sind die Bau-Standards zu hoch?

Nein. Aber weil es in Hamburg wenig Wohnungen gibt, sind sie teuer, obschon sie nicht unbedingt gut sind.

Wie sollte man das ändern?

In Holland hat der Staat eine Kostenobergrenze für Wohnungsneubauten festgelegt. Das klappt. Man muß nur darauf achten, daß man lediglich auf die Dinge verzichtet, die man später nachbessern kann, wie die Ausstattung von Küche oder Bad.

Sind Sie sicher, daß dieser Vorschlag in Hamburg auf Akzeptanz stößt? Vor Jahren haben Sie die unflexiblen Deutschen kritisiert, die nicht mal auf ihren Keller verzichten wollen.

Ach, ich habe gar nichts gegen Keller. Aber was kostet ein Keller? Zwischen 30.000 und 40.000 Mark. Mit dem Geld kann man die Kinderzimmer geräumiger gestalten, und unter dem Dach sogar zwei Tischtennisplatten aufstellen. Aber das wird in Deutschland leider nie diskutiert. Haben Sie einen Keller?

Ja. Und Elbblick. Im sozialen Wohnungsbau in der Hafenstraße.

Da haben Sie Glück. Aber sehen Sie: Sie zahlen dort 9,90 Mark pro Quadratmeter, aber um das bauen zu können, werden 30 bis 35 Mark pro Quadratmeter ausgegeben. Also bezahle ich als Steuerzahler Ihre Wohnung mit.

Das ärgert Sie?

Nein, aber man sollte sich fragen, ob man nicht lieber mehr günstigen Eigentumswohnungsbau fördert. Dann könnten viele Haushalte frei entscheiden, ob sie Eigentum haben wollen.

Warum sollten sie das wollen?

Menschen identifizieren sich nur mit ihrer Wohnung und Wohnumgebung, wenn es ihr Eigentum ist. In einer Mietwohnung richtet man sich innen schön ein, aber was draußen passiert, kümmert keinen. Selbst Hundekot machen die Leute nicht mehr weg.

Welche Verantwortung tragen denn die Architekten an den gescheiterten Großwohnsiedlungen a la Steilshoop, in denen sich niemand richtig wohlfühlt?

Steilshoop wurde gebaut, weil man das damals richtig fand. Nun stehen die Häuser da 100 Jahre rum. Dafür tragen die Architekten Verantwortung. Aber man muß sich auch nicht wundern, daß es Spannungen gibt, wenn 70 Prozent der Hausbewohner von der Sozialhilfe leben.

Gibt es in Hamburg ein gelungenes Wohnungsbauprojekt?

Leider nicht.

Warum ändert sich nichts?

Vermutlich treffen die verkehrten Leute die Entscheidungen. Man könnte doch ein Prozent des jährlichen Hamburger Bauvolumens – bei 4000 Wohnungen wären das 40 – von Leuten realisieren lassen, die bisher keine Chance dazu hatten. Damit würde immerhin etwas in Bewegung kommen. Jeder hat ein Recht auf schönes Wohnen.

Fragen: Heike Haarhoff

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