SPD-Bundesländer stoppen Abschiebung von Kosovo-Albanern

■ Unter den Todesopfern der letzten Tage sollen auch zwei aus Deutschland abgeschobene Flüchtlinge sein. Bayern schiebt dennoch weiter ab. Belgrad weist „Einmischung“ der internationalen Bosnien-Kontaktgruppe zurück

Bonn/Priština/Belgrad (rtr/AP/dpa) – Die SPD-regierten Bundesländer wollen vorerst keine Kosovo-Albaner in ihre Heimat abschieben. Nach Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erklärten auch Hessen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Saarland, sie wollten erst die weitere Entwicklung in der serbischen Provinz abwarten. Zur Begründung verwies Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) auf Hinweise vom Montag, wonach die serbische Polizei Vertretern der Albaner sechzig Leichen zur Identifizierung überstellt habe. „Die Toten sollen teilweise bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt gewesen sein“, hieß es in dem Brief des niedersächsischen Innenministers. Darüber hinaus halte sich das Gerücht, daß sich unter den Toten auch „zwei aus Deutschland abgeschobene Personen“ befinden.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Franz-Josef Kniola (SPD) kündigte im WDR Beratungen der Länder an, um Abschiebungen nach Kosovo aus dem gesamten Bundesgebiet zu stoppen. Dazu müßten sich elf Bundesländer auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Demgegenüber will Bayern Kosovo-Albaner in Einzelfällen nach Belgrad abschieben. Bundesinnenminister Kanther betonte, es gebe für eine Pauschalregelung derzeit keinen Anlaß. „Unser Recht sieht eine Einzelfallprüfung vor“, sagte der CDU-Politiker zur Begründung. Wenn den Menschen Gefahr für Leib und Leben drohe, gebe es keine Abschiebung.

Unterdessen lehnte Jugoslawien gestern jede Einmischung der internationalen Bosnien-Kontaktgruppe in den Kosovo-Konflikt strikt ab. Belgrad bezeichnete die Londoner Beschlüsse der Gruppe vom Vortag als nicht bindend. Die Kontaktgruppe hatte den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević aufgefordert, innerhalb von zehn Tagen die Spezialeinheiten der serbischen Polizei aus dem Kosovo abzuziehen und einen Dialog mit den Albanern zu beginnen. Außerdem war vereinbart worden, den UN-Sicherheitsrat anzurufen, damit dieser ein Waffenembargo gegen Jugoslawien beschließe.

Die für gestern geplante Beerdigung von 46 Kosovo-Albanern, die in den vergangenen Tagen von der serbischen Polizei getötet wurden, wurde abgesagt. Die Bestattung im Dorf Donji Prekaz nahe Srbica habe wegen hohen Schnees und nicht vollständig beendeter Identifizierung nicht durchgeführt werden können, bestätigten albanische Quellen in Belgrad. Journalisten waren am Zugang nach Prekaz gehindert worden. Berichte Seiten 2 und 10