: Schäuble kommt nicht
■ Der Dopingprozeß in Berlin wird nach recht kurzer Verhandlungsdauer vertagt
Berlin (taz) – „Die Kammer hat sehr viel Zeit“, verkündete Richter Hans-Georg Bräutigam und bezichtigte auf diese charmante Weise die Verteidigung der sechs Angeklagten im Berliner Dopingverfahren recht unverhohlen der Prozeßverschleppung. Dies wiesen die Anwälte mit der gebührenden theatralischen Empörung zurück.
Eigentlich hatten am gestrigen zweiten Prozeßtag die ersten Aussagen der Trainer und Mediziner auf dem Programm gestanden, die der Körperverletzung durch Verabreichung gesundheitsschädigender Hormonpräparate an minderjährige Schwimmerinnen beschuldigt werden. Doch so weit kam es nicht. Nachdem das Gericht die am Eröffnungstag gestellten Anträge auf Einstellung des Verfahrens wegen einer unzulässigen Hilfsschöffenberufung, Verjährung bzw. Verfassungswidrigkeit zurückgewiesen hatte, zauberte die Verteidigung flugs einen neuen Antrag aus dem Talar. Sie forderte, unter anderen die Herren Schäuble und Kanther als Zeugen vorzuladen, um den Nachweis zu erbringen, daß Bundesregierung, Bundesinnenministerium, das Kölner Institut für Sportwissenschaft sowie die Sportverbände vor 1990 in der BRD Doping „veranlaßt, gefördert und geduldet“ hätten.
Auch dieses Ansinnen wies das Gericht nach zwanzigminütiger Beratung als „rechtlich unerheblich“ zurück. Daraufhin forderte die Anwältin des Sportmediziners Dieter Binus eine erneute Unterbrechung, um mit ihrem Mandanten über einen „unaufschiebbaren Antrag“ beraten zu können. Zu diesem Zwecke benötige sie jedoch die schriftliche Version des gerade verlesenen Beschlusses. Damit konnte Richter Bräutigam nicht dienen, und so wurde nach einigem Geplänkel die Verhandlung unterbrochen.
Die nächste Gelegenheit, aufgeschobene unaufschiebbare Anträge zu stellen oder langsam zum Kern der Sache vorzudringen, bietet sich am 30. März. Und zwar, soviel ist sicher, ohne Kanther und Schäuble. Matti
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