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Wählerinnen sollen Frauen wählen

Parlamentarierinnen aller Parteien flehen die Frauen an: „Geht wählen! Und wählt Frauen!“ Bezeichnenderweise hatte keine daran gedacht, Frauenministerin Nolte dazuzuholen. Alice Schwarzer mittenmang dabei  ■ Aus Bonn Astrid Prange

Der Hilferuf erschallt aus allen Fraktionen. Vierzehn Parteipolitikerinnen appellierten gestern zusammen mit Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer an die deutschen Frauen, bei den bevorstehenden Wahlen Kandidatinnen ihre Stimme zu geben. „Wir brauchen ganz einfach Verstärkung“, erklärte Bärbel Sothmann, Vorsitzende der Gruppe der Frauen in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die grüne Abgeordnete Rita Griesshaber stellte klar, daß eine aktive Frauenpolitik im Machtkampf rivalisierender Interessen nur durchzusetzen sei, wenn mehr Frauen als jetzt im Bundestag vertreten wären.

Zum Beweis ihrer These verwiesen die Politikerinnen der Initiative auf den Erfolg fraktionsübergreifender Anträge, zum Beispiel die Bestrafung von Vergewaltigung innerhalb der Ehe. „Wann immer es gelungen ist, im Bundestag etwas gemeinsam durchzusetzen, war dies das Verdienst von Frauen, und darauf bin ich stolz“, erklärte Irmgard Karwatzki (CDU), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Die Parlamentarierinnen wollen nach Ostern gemeinsam erreichen, daß Frauen, denen im Heimatland Genitalverstümmelung droht, in Deutschland Asyl bekommen.

SPD-Frauenpolitikerin Ulla Schmidt forderte die Wählerinnen auf, „ihr Machtpotential“ wahrzunehmen. „In Schweden haben die Sozialdemokraten die Wahlen nur wegen der Frauen gewonnen.“ Dies müsse auch in Deutschland so werden, verlangte sie. Von den insgesamt 60,5 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland sind 31,1 Millionen Frauen. Im Bundestag sitzen zu 27 Prozent Frauen. Die Parlamentarierinnen appellierten insbesondere an die jungen Frauen, unbedingt zur Wahl zu gehen. „Die Frauen könnten die Wahl entscheiden – wenn sie wählen“ lautet die Devise.

Nach offiziellen Angaben machten in der Vergangenheit insbesondere Jungwählerinnen von ihrem politischen Stimmrecht nur ungern Gebrauch: 1987 blieb in Westdeutschland jede dritte Jungwählerin zu Hause. 1990 bequemte sich in den neuen Bundesländern nur jede zweite Frau unter 21 Jahren zur Wahlurne. „Der größte Fehler der Frauen in den vergangenen Jahren war, daß sie zu ruhig waren“, meint Gisela Pettersson, Sprecherin der Initiative „Frauen wollen eine andere Politik“. Auch Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, Mitunterzeichnerin der frauenpolitischen Initiative, sehnt sich nach „politischer Unruhe“. „Nur mit Frauen, nicht ohne sie ist Frauenpolitik zu machen“, lautet ihre Erfahrung. Bei der Frage der Sozialversicherungspflicht für die 620-Mark-Jobs will die Bundestagspräsidentin keinen „Aufschub mehr dulden“. Warum ihre Parteikollegin und zuständige Frauenministerin Claudia Nolte sich nicht dieser Initiative angeschlossen hat, vermochte sie allerdings nicht zu sagen. SPD-Politikerin Ulla Schmidt gab sich unverblümt: „Die Bundesministerin für Frauen ist uns als Anwältin für die Interessen von Frauen nicht eingefallen.“

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