piwik no script img

Spanische Regierung läßt Basken abhören

■ Für den Verteidiungsminister ist es Terrorismusbekämpfung. Doch die Baskenpartei Herri Batasuna läßt zahlreiche Agenten auffliegen

Madrid (taz) – Spaniens konservative Regierung hat von ihren sozialistischen Vorgängern viel gelernt. Was tun, wenn es bei der Amtsausübung nicht immer mit rechten Dingen zu geht und die Opposition daraufhin im Parlament Köpfe fordert? Aussitzen.

Wie das geht, führte gestern Verteidigungsminister Eduardo Serra vor. Die Vereinigte Linke (IU) und die Baskische Nationalistische Partei (PNV) hatten ihn vor das Parlament zitiert, damit er zur Überwachung des Parteibüros der linksnationalistischen Baskenpartei Herri Batasuna (HB) Stellung nimmt. „Es ging nicht um die Aktivitäten einer politischen Partei, sondern um Personen, die die ETA unterstützen“, verteidigte Serra die Operation von Agenten des Geheimdienstes CESID, die von der Regierung angeordnetet worden war, ohne zuvor einen richterlichen Bescheid einzuholen. Obwohl der Lauschangriff „Anzeichen der Illegalität“ aufweise, sei er „deshalb zu rechtfertigen“, um den Staat vor Terror zu schützen.

„Sie haben uns bestätigt, daß Agenten keinen Gesetzen unterliegen“, beschwerte sich PNV- Sprecher González Etxabarri. Der Vertreter der im Baskenland regierenden Partei erinnerte daran, daß sich die Agenten nicht nur für vermutete Beziehungen von HB- Mitgliedern zur ETA interessierten. Mittlerweile gilt als erwiesen, daß der CESID der Regierung Bericht über ein geheimgehaltenes Treffen zwischen der baskischen Regierungspartei PNV und HB erstattete. Bei der Sitzung auf höchster Ebene sollte ein Weg aus dem seit fast 40 Jahren dauernden Konflikt gesucht werden.

„Alles Gerede von der politischen Erneuerung ist Geschichte“, erinnerte IU-Sprecher Willy Meier die Regierung an ihre einstige Versprechungen, als sie die Oppositionsbank drückten und ein Skandal nach dem anderen die Sozialisten in Bedrängnis brachte. Unter anderem, weil der CESID die Mobiltelefone hoher Politiker und Geschäftsleute, bis hin zu König Juan Carlos, hatte abhören lassen.

Die Konservativen hatten damals die Umstrukturierung des Geheimdienstes gefordert. Doch bevor sich Verteidigungsminister Serra dieser Aufgabe widmet, muß er den CESID – zumindest im Baskenland – erst einmal wieder aufbauen. Als die von Agenten benutzte Wohnung gegenüber dem HB-Sitz in Victoria enttarnt wurde, flohen die Geheimdienstler Hals über Kopf und ließen dabei Lohnabrechnungen und Telefonrechnungen zurück. Beides erlaubte es den Richtern, die sich mit dem Fall beschäftigen, die Identität der Agenten zu lüften.

Doch es sollte noch schlimmer kommen. Die baskischen Separatisten drehten den Spieß um und spionierten ihrerseits den CESID aus. Ein Rechercheteam der linksnationalistischen Tageszeitung Egin ermittelten die Telefonnummer der aufgeflogenen Wohnung. Vermutlich über einen bei der Telefongesellschaft Telefónica arbeitenden HB-Sympathisanten, besorgten sie sich eine Aufstellung aller Nummern, die von dort aus angerufen worden waren. Der Rest bis hin zur ausführlichen Reportage in denen einige Agenten mit Name und Adresse genannt wurden, war nur noch Routinarbeit. Reiner Wandler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen