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Alltagskrücken und Serviceroboter sind der Renner

■ Die BesucherInnen der Hannover-Messe interessieren neben Geschäftskontakten vor allem Hightech-Katastrophenschutz-Spielzeug und nützliche Innovationen zum Hausgebrauch

Hannover (taz) – „Stopp“, heißt es. Blitzschnell tastet der Scanner den ans Revers gehefteten Balkencode ab, ohne den niemand hier hineinkommt. Die VeranstalterInnen des Forum Industrietrend auf der Hannover-Messe wollen wissen, wer welchen Vortrag hört, sich für was interessiert und wie lange bei der Sache bleibt. Der Andrang ist allerdings verhalten, auch wenn die großen Unternehmen mit „kompakten Kurzvorträgen und konstruktiven Dialogen“ locken. „Mich interessieren doch nur die direkten Kontakte“, wehrt ein mittelständischer Unternehmer aus Magdeburg ab. „Danach will ich einfach mal sehen, was es mittlerweile alles gibt.“

So gehe es vielen BesucherInnen, bestätigt eine Sprecherin der Deutschen Messe AG. Die meisten hielten sich erst einmal an „Innovationen mit praktischem Gebrauchswert“. Darunter fallen Alltagskrücken wie das „Topferkennungsmodul“ der Cherry GmbH, das verhindern soll, daß Kochplatten ungenutzt und unbeaufsichtigt vor sich hin glühen, aber nur für Ceran-Felder geeignet ist. Oder Produkte wie die Küchenabfallverwertungsanlage WIBOmat der Firma GWE mbH. Sie verhackstückt Gemüsestrünke und Hühnerknochen, preßt sie zusammen und schießt sie qua Druckluft in einen Zentralbehälter, wo die Pampe homogenisiert und verflüssigt wird, bevor sie in der Biogasanlage Energie erzeugen soll. „Mit einem Kilo Essensreste fahren Sie einen Kilometer“, sagt der Vorführer. Fehlt nur das Fahrzeug, das es aber ein paar Hallen weiter schon mal als Prototypen geben soll.

Das größte Gedrängel herrscht in Halle 17, wo sich die neuesten Entwicklungen der Robotik tummeln. Im Trend: Serviceroboter, die nicht nur im Katastrophenschutz, sondern auch im Haushalt eingesetzt werden können. So präsentiert die Universität Paderborn einen Zweibeiner namens Centaurob, der die gleiche „statische Stabilität“ haben soll wie drei- oder vierbeinige Roboter. Derzeit ist er aber noch durch das Kabelgewirr gehandicapt, das ihn mit seinem Startplatz verbindet. Potentielle Einsatzgebiete: unwegsames verseuchtes Gelände und „Dienstleistungen aller Art“. Die Universität Stuttgart tritt mit dem „ersten automatischen Maurer“ Bronco an, die Firma Cleantech mit dem Putzroboter Saubermann, der Hindernisse wie Stuhlbeine und Teppichkanten mittels Laserscanner, Ultraschall und digitaler Kamera erfaßt und dann umkurvt.

Industrieroboter, wie sie bislang vor allem im Automobilbau eingesetzt werden, seien zu wenig flexibel, erklärt Rolf Bernhardt vom Berliner Fraunhofer-Institut. „Wir arbeiten an intelligenten und eigenständigen Systemen, die vielfältiger einsetzbar sind.“

In den traditionellen Industrien sei die Automatisierung so gut wie abgeschlossen, bestätigt ein Sprecher der Fachgruppe Robotik beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer. Verlorengegangen sind dabei seit 1990 allein 200.000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie. Auch in der Mikroelektronik, wo es um die fusselfreie Montage von Kleinstteilen geht, sind Roboter auf dem Vormarsch. So will die Firma Junghans GmbH Funkuhren, die bislang in Asien zusammengebaut werden, künftig von automatischen Monteuren basteln lassen, die die Oppenheimer SPI GmbH entwickelt hat. Beate Willms

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