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Knackig, klebrig, süß

Dank Guildo Horn ist die Nußecke in Hamburg zu neuem Ruhm gelangt. Aber nicht jede Ecke ist auch meisterhaft  ■ Von Birgit Strietzel

Ein Gebäck ist zu neuem Ruhm gelangt. Noch vor zwei Monaten eine eher unauffällige Backware, ist die Nußecke heute eine Berühmtheit unter den Trockenkuchen – dank Guildo Horn, dem Meister. Der hat heute in Birmingham seinen großen Auftritt beim Grand Prix de la Chanson.

Damit hat Horn eine Kettenreaktion ausgelöst, die ihre Wirkung bis in Hamburgs Backstuben entfaltet: Guildo mag Nußecken, und die Fans mögen Guildo. Auf zahlreichen Parties werden sie ihm heute abend huldigen, und dabei darf des Meisters Lieblingsgebäck natürlich nicht fehlen. Mit der Nußecke in der Hand werden die Fetengäste einen Toast auf ihren Star aussprechen.

Seit Guildo sind Nußecken „ein echter Renner“, freut sich Natascha von Allwörden von der Bäckerkette Hagedorn. „Hauptsächlich ältere Leute und junge Damen kaufen die“, hat Eleonore Spenn, Leiterin der Filiale in der Großen Bergstraße in Altona, beobachtet.

„Man muß halt mit dem Trend gehen“, erklärt Spenn, warum ihr Unternehmen eigens für den Grand Prix „Des Meisters Nußecken“ ins Sortiment gehoben hat. Eine gold-braune Kreation, deren Ecken in Schokolade getunkt wurden – und die sich von der gemeinen Nußecke, wie sie andere Bäcker verkaufen, im wesentlichen durch den Namen unterscheidet. „Die schmecken eben oberlecker, eine Tafel Schokolade ist nichts dagegen“, schwärmt Spenn.

Kann es die „gewöhnliche Nußecke“ aus anderen Öfen damit aufnehmen? Ein unabhängiger Meister-Geschmackstest der taz hamburg-RedakteurInnen ergab: ob aus dem Bioladen oder der Großbäckerei, ob Reform- oder Kaufhaus-Nußecke – die Kuchen sind jedenfalls nussig und süß. Die herkömmliche Ecke schmeckt ein wenig nussiger, die des Meisters etwas süßer und besonders klebrig. Im Gegensatz zu traditionell Hamburger Nußecken ist die Füllung zwischen Boden und Nüssen generell nicht aus Marzipan. Allgemein muß bemängelt werden: zu wenig Schokolade, um es mit einer ganzen Tafel aufnehmen zu wollen.

Aber darum geht es den Fans nicht. Sie essen auch aus Solidarität; eine Horn-Party ohne Nußecken ist eben keine. Darum sind die Bestellungen fürs Wochenende auch „unerwartet hoch, sagt Natascha von Allwörden. „Mit soviel Ansturm haben wir nicht gerechnet“.

Sogar Hamburgs FDP hat begriffen, womit sie den WählerInnen den Mund wässrig machen kann: Unter dem Motto „Guildo für Deutschland, Guido für Bonn“ drückten die Jungen Liberalen schon gestern auf dem Gänsemarkt Guildo die Daumen und den PassantInnen Nußecken in die Hand. Wenn dieser Trend auch nach dem Grand Prix anhält, steht zu hoffen, daß die Ecken-Backunst in Hamburg noch weiter verfeinert wird – bis hin zur ultimativen Ecke, deren Nußmasse und Boden restlos mit Schokolade überzogen sind und die Schlagerfans sowohl durch perfekte Konsistenz als auch durch vollendet-kernigen Geschmack überzeugt.

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