piwik no script img

„Innensenator Borttscheller ist ein Feigling“

■ Rund 500 SchülerInnen demonstrierten erneut für die togoischen Brüder Ibrahim und Abass / Innendeputation will im Juni über Abschiebestopp nach Togo entscheiden

Wenigstens ein einziges Mal hatte Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) einen triftigen Grund, sich nicht den rund 500 demonstrierenden SchülerInnen vor seiner Residenz zu stellen. Er verweilte auf der Innenministerkonferenz. Das änderte aber nichts daran, daß er sich von den aufgebrachten DemonstrantInnen als „Feigling“ beschimpfen lassen mußte. Immerhin bemühen sich die SchülerInnen vom Schulzentrum Kornstraße seit einem Jahr um einen Gesprächstermin mit ihm, um über das Schicksal der beiden togoischen Mitschüler Ibrahim und Abbas A. zu diskutieren – bisher umsonst.

Alle Rechtsmittel, um das Asylverfahren der Brüder wieder aufzurollen, sind inzwischen vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden, berichtet Rechtsanwalt Günter Werner. Der Innensenator könnte die Duldung der beiden aber aus humanitären Gründen verlängern. Ibrahim hat immerhin die Zusage, bis zu seiner Volljährigkeit eine Duldung zu erhalten. Bei dem 18jährigen Abass sieht die Lage anders aus. Seine Duldung ist am 4. Mai abgelaufen. Zur Zeit bemüht sich das Ausländeramt um Paßersatzpapiere zur Ausreise.

Dagegen richtete sich gestern der Protest der SchülerInnen, die zum Verwaltungsgericht und anschließend zur Innenbehörde zogen. Liegt doch ein neuer Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Togo vor. In der geheimen Verschlußsache heißt es, daß es in Togo weiter zu fragwürdigen Hinrichtungen, Mord und Folter durch Regierungskreise oder das Militär komme. Rechtsanwalt Werner schätzt zudem, daß sich die Situation nach der Wahl im Juni noch verschlimmern wird. „Diktator Eyadema hat es geschafft, die Opposition zu spalten, so daß er sich bald wahrscheinlich als demokratisch legitimierter Präsident bezeichnen darf. Insider schätzen, daß sich die Menschenrechtslage dann weiter verschlimmert.“

Die Grünen hatten darum einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, Abschiebungen nach Togo für sechs Monate auszusetzen. Dieser war auf Initiative der SPD in die Innendeputation verwiesen worden, da die Fraktion noch Aufklärungsbedarf gesehen hatte. Endgültig will man jetzt im Juni entscheiden. Angeblich soll Abass A. solange nicht ausgewiesen werden. Darüber wurde eine Delegation der SchülerInnen in der Innenbehörde gestern aber nicht in Kenntnis gesetzt. Borttschellers Ausländerrechts-Expertin, Marita Wessel-Niepel, versprach lediglich, die Forderungen der DemonstrantInnen an den Innensenator weiterzuleiten. Jens Tittmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen