: Chancen für einen Nahost-Gipfel in Washington steigen
■ US-Vorschlag sieht einen Teilrückzug Israels aus Palästinensergebieten in zwei Stufen vor. Außenministerin Albright will bei Besuch von Netanjahu Möglichkeit eines Treffens prüfen
Jerusalem (taz) – Ganz ausgeschlossen scheint der Nahost-Gipfel Ende des Monats in Washington nicht mehr. Obwohl US-Unterhändler Dennis Ross auf seiner letzten Vermittlungstour erfolgslos blieb, will US-Außenministerin Madeleine Albright den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in dieser Woche empfangen. Netanjahu reist morgen anläßlich der jährlichen Konferenz jüdischer Organisationen in die USA. Außerdem wird er am Freitag an einer Parade in New York zum 50. Jahrestag der Gründung Israels teilnehmen.
Nach letzten Berichten hat Ross Netanjahu doch noch zu einem 13prozentigen Rückzug aus den besetzten palästinensischen Gebieten überreden können. Demnach soll Israel in einem ersten Schritt bis zum Sommer dieses Jahres neun Prozent der besetzten Gebiete aufgeben und sich hernach nochmals aus weiteren vier Prozent zurückziehen.
Im israelischen Kabinett müßte Netanjahu seine Rückzugspläne vorerst nicht neuerlich zur Diskussion stellen, weil ein neunprozentiger Rückzug bereits beschlossen ist. Doch ob das israelische Kabinett einem weiteren Rückzug von vier Prozent zustimmen wird, gilt als ungewiß. Bisher hatten Sicherheitsargumente seitens verschiedener Minister einen solchen Rückzug für unmöglich erklärt.
Auch Netanjahu selbst hatte bislang einen 13prozentigen Rückzug stets als Gefährdung der Sicherheit Israels bezeichnet. Der palästinensische Chefunterhändler Sa'eb Ereikat sagte dazu, daß ihm der jüngste Vermittlungsvorschlag der USA nur aus der israelischen Presse bekannt sei. „Präsident Arafat wird dem nicht zustimmen können“, sagte Ereikat. Die Palästinenser haben dem US-Vorschlag eines 13prozentigen Rückzugs grundsätzlich zugestimmt.
US-Präsident Bill Clinton sagte, daß Albright nach ihren Gesprächen mit Netanjahu erklären werde, ob die Grundlagen für ein Gipfeltreffen gegeben seien.
Der Sprecher des US-Außenministeriums, James Rubin, bestand darauf, daß die US-Vorschläge über einen 13prozentigen Rückzug Israels weiter die Grundlage der Gespräche bilden. Eine „Verwässerung der US-Vorschläge“ käme nicht in Frage, so Rubin. Die Gespräche mit Netanjahu könnten gleichwohl noch zu einem Durchbruch führen, meinte er.
Die US-Regierung fürchtet allerdings, daß Netanjahu seinen Aufenthalt in den USA dazu nutzen wird, Unterstützung für seine Position zu finden. Insbesondere im Kongreß, bei der jüdischen Lobby sowie bei den konservativen christlichen Organisationen dürfte Netanjahu Anklang finden. Allerdings bleibt die Haltung der USA hart. Rubin erklärte, daß Albright nach dem Gespräch mit Netanjahu entscheiden werde, ob sich die USA weiterhin im Friedensprozeß engagieren oder eine neue Haltung einnehmen würden. Georg Baltissen
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