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Leonardo diZombio

■ Eine Hamburger Super-8-Verfilmung schafft Klarheit über den Untergang der Titanic Von Jörg Methelmann

Titanic und kein Ende. „War alles anders“, behauptet nun Rasmus Hirthe, ein 27jähriger Regie-Student an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg, und macht sich an die Arbeit am Mythos. In seiner Verfilmung des Stoffs, der vermutlich billigsten der Filmgeschichte, wird nun endlich klar, daß der Untergang die Menschheit vor Zombie-Männern gerettet hat.

Ein Passagier hatte eine ägyptische Mumie ins Unterdeck gebracht, die mit einem Fluch belastet war. Sie wurde durch einen Tropfen Blut zum Leben erweckt. Dieser fiel aus der kleinen Wunde der weiblichen Heldin, die sich an der Rose ihres Lovers gestochen hatte. Der so wiedergeborene Rest englischer Kolonialgeschichte verwandelt dann alle Männer in lebende Tote und die Titanic in eine wirklich weltbedrohende Angelegenheit.

Die Dreharbeiten zu diesem Stoff, die dieser Tage auf dem Dampfeisbrecher Stettin im Museumshafen Övelgönne und in der HfBK stattfinden, hat Regisseur Hirthe ein dreiviertel Jahr geplant. Im Sommer werden dann auf einer Fahrt der Stettin die Maschinenraumszenen bei vollem Kesseldruck aufgenommen. Kapitän Manfred Fraider, der das Projekt durch kostenfreie location unterstützt, schätzt an dem Jungfilmer, daß er die Ähnlichkeit zwischen der Stettin und der Titanic erkannte. Der 1978 außer Dienst genommene Eisbrecher repräsentiert nämlich die klassische Technik der Übersee-Frachtdampfer, nur etwa 30mal kleiner als die Titanic. „Als Cameron hier in Hamburg auf der Stettin war, merkte er, daß er bei den Innensequenzen viel Geld hätte sparen können“, erzählt Fraider mit einem Schmunzeln.

Das Hamburger Super-8-Projekt wird den Macher nur 4000 Mark kosten, denn das Filmmaterial kommt von der Hochschule. Mit seinem 50köpfigen Team versucht Hirthe aber trotz der Low-Budget-Kompromisse ein ästhetisch rundes Kunstwerk zu schaffen. Wichtige Klammer zwischen Kulissen-, Original- und Trickaufnahmen soll bei dem Stummfilm die Musikbegleitung sein, die zwischen Originalklavier und David-Lynch-Tonspur changiert. Doch kann man davon ausgehen, daß in Hirthes Bildwelt auch einige Brüche vorkommen, drehte er doch als erste Arbeit an der HfbK einen Wikingerstreifen ausgerechnet im Schanzenpark. Seine „maritime Gier“ habe den Sprößling einer Bootsbauerfamilie danach zur Verfilmung der Titanic-Geschichte gebracht.

Mit dem Rummel um den perfekt gemachten Kassenhit kann Rasmus Hirthe dagegen wenig anfangen. Es gebe doch soviel schlimmere Katastrophen. Andererseits steht auch für ihn die Titanic für die Selbstüberschätzung des Menschen, der glaubt, die Götter herausfordern zu können. „Und wenn sie den Dampfer nochmals bauen, wird er wieder untergehen“, orakelt er. Am besten werbewirksam zur Premiere im Januar 1999, ein Jahr nach James Cameron.

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