piwik no script img

Otto Hauser: Sorry, war nicht so gemeint

Kohl Regierungssprecher leistet Abbitte: „Es liegt mir fern, irgend jemanden in seinem Wahlverhalten bevormunden zu wollen.“ Der Bundespressekonferenz verspricht er, sich künftig an die „Regeln“ zu halten  ■ Von Robin Alexander

Berlin (taz) – Noch gestern nachmittag schien es, als zöge sich die Schlinge um Regierungssprecher Otto Hauser unentrinnbar zu. Ein Koalitionsinsider sagte der taz: „Den kann jetzt nur noch ein Kotau retten.“

Und in der Tat: Gestern abend leistete der heftig in die Kritik geratene Regierungssprecher öffentlich Abbitte. In der ZDF-Sendung „Bonn direkt“ erklärte Hauser: „Es liegt mir fern, irgend jemand in seinem Wahlverhalten bevormunden zu wollen.“ Seine Äußerung, das Wahlverhalten der Ostdeutschen gefährde Zuschüsse aus dem Westen, sei mißverstanden worden. Er bedauere dies.

Auch gegenüber den Bonner Journalisten trat Hauser den Rückzug an. Diese hatten kritisiert, er vermische seine Informationspflicht als Regierungssprecher mit Werbung für die CDU. Hauser gelobte Besserung. In der Bundespressekonferenz „werde ich mich künftig an die Regeln halten und mich auf die Darstellung der Regierungspolitik beschränken“, sagte er. Damit wäre Helmut Kohl mit seinem Konstrukt – als Regierungssprecher einen Parlamentarier zu haben, der gleichzeitig den Wahlkampf anheizt – schon nach zwei Wochen gescheitert. Otto Hausers medialer Gang nach Canossa kam keinen Tag zu früh. Heute wollte sich der CDU- Vorstand damit befassen, was in Bonn mittlerweile die Affäre Hauser genannt wird. Schon in der letzten Woche grummelte es bei den Regierungsparteien, ob des forschen Auftretens des neuen Sprechers. Am Wochenende gab es sogar erste Rücktrittsforderungen. Beim Koalitionspartner FDP sprach Wolfgang Kubicki, Fraktionschef in Schleswig-Holstein, aus, was viele denken. Hauser solle schleunigst zurücktreten, wenn er noch einen Funken Selbstachtung habe.

Von der CDU hat sich bisher nur ein Hinterbänkler vorgewagt. Der Bundestagsabgeordnete Frederick Schulz erklärte: „Ein Spalter der Nation darf nicht für den Kanzler sprechen.“ Wie unzufrieden große Teile der Partei mit Hauser sind, artikulierte Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Die Wahl des SPD-Politikers Reinhard Höppners in Magdeburg mit der Machtübernahme Hitlers 1933 in einem Atemzug zu nennen – dies hatte Hauser gleich an seinem ersten Arbeitstag getan –, „ist so abwegig, wie der Vergleich von NSDAP uns PDS“. Besonders ostdeutsche Christdemokraten sind sauer. Lothar de Maizière sagte, er habe in einer ersten Reaktion auf Hausers umstrittene Äußerungen gedacht: „So ein Schwachkopf.“

Voller Unmut über Hauser fütterten Abgeordnete der Bundestagsfraktion von CDU/CSU anomyn die Medien mit wenig schmeichelhaften Einschätzungen Hausers. „Regierungsschwächer“, „rücksichtsloser Karrierist“, „Intrigant“ und „Schnösel von Esslingen“ nenne man Hauser, schrieb etwa die Bild am Sonntag. Unter der Überschrift „Von der Wunderwaffe zum Rohrkrepierer“ veröffentlichte das Springer- Blatt am Sonntag eine beispiellose Demontage des Regierungssprechers. Otto Hauser, der als Redakteur der Welt einst Angestellter im Springer-Konzern war, wird die berufliche Kompetenz als Journalist abgesprochen.

Auch nach seiner gestrigen Demutsoffensive kann Hauser nicht unbedingt mit Solidarität rechnen. FDP-Pressesprecher Hans-Rolf Goebel meint dazu: „Mit Blick auf die Fußball-WM halten wir uns an Franz Beckenbauer: Schau'n mer mal.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen