: Schulz: Bundeswehrsoldaten sind keine Mörder
■ Grüne sind verärgert über Jürgen Trittins Protest gegen eine öffentliche Vereidigung
Berlin (taz) – Jürgen Trittin ist richtig sauer: „Zu Zeiten, wo Herr Schulz diese Kritik hätte konstruktiv einbringen können, hat er das nicht getan.“ Der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen fühlt sich unfair behandelt. Mitglieder der grünen Bundestagsfraktion, allen voran der parlamentarische Geschäftsführer Werner Schulz, kritisieren ihren Parteisprecher seit Tagen heftig. Stein des Anstoßes: Trittins Auftreten auf einer Kundgebung gegen das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr am 10. Juni in Berlin. In seiner Rede hatte Trittin gesagt, die Bundeswehr stelle sich selbst in die Tradition der Wehrmacht.
„Er hätte sich kritisch an alle Seiten wenden müssen. Auch an die ,Mörder‘-Rufer und an die PDS mit ihrem neuentdeckten Pazifismus“, so Schulz. „Soldaten der Bundeswehr sind keine Mörder.“ Solche Äußerungen sollten bei den Bündnisgrünen keinen Platz haben. Gestern bemühte sich Werner Schulz, den Konflikt kleinzureden: „Das ist für mich kein Streitthema mehr. Jürgen Trittin hat hoffentlich verstanden, daß sein Auftritt danebenging.“
Doch so will sich der Parteisprecher nicht schulmeistern lassen: „Ich nehme das mit Erstaunen zur Kenntnis. Mit mir hat Herr Schulz nicht gesprochen.“ Er verstehe die Aufregung über seinen Auftritt nicht. Die Debatte über eine Veranstaltung gegen das Gelöbnis laufe seit über einem Jahr, der Bundesvorstand habe die Demo ausdrücklich unterstützt. Der Sprechchor „Bundeswehr – Mörderheer“ könne ihn nicht vom Besuch einer Veranstaltung abhalten, „Bei einem Fußballspiel habe ich ja auch keinen Einfluß, was da gegrölt wird.“
Auch die Teilnahme des PDS- Politikers Gregor Gysi sei für ihn kein Hindernis, an einer pazifistischen Demonstration teilzunehmen, so Trittin. „Über Lernfähigkeit freue ich mich immer.“ Sein Protest gegen diese „vordemokratische Aktion“ sei uneingeschränkt richtig gewesen.
Werner Schulz mahnt eine Diskussion über sinnvolle Formen der Vereidigung an. „Pfeifkonzerte und ,Mörder‘-Rufe sind da völlig kontraproduktiv.“ Man könne ein Gelöbnis in der Kaserne durchführen und mit einem Tag der offenen Tür verbinden.
Der Zeitpunkt für den grünen Zwist ist denkbar schlecht gewählt. Am Freitag wird der Bundestag über eine Verlängerung des Bosnien-Einsatzes der Bundeswehr abstimmen. Die Union hat angekündigt, auch eine Resolution über öffentliche Gelöbnisse einzubringen. Robin Alexander
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen