: Verzicht auf Mieteinnahmen
■ Bezirk Mitte handelt mit Immobilienmogul Willy Bartels Kompromiß über Flüchtlingsunterkunft im Hotel Interrast aus
Aus der Not eine Tugend zu machen, ist eine Kunst, die das Bezirksamt Mitte blendend beherrscht. „Wir werden bald ein gutes Ergebnis präsentieren können“, rühmte gestern Sprecher Gerthold Roch die Verhandlungen über die Flüchtlingsunterkunft im Kiez-Hotel Interrast. Denn die schritten zügig voran. Voreilig hatte die Bild gestern verkündet, mit dem Besitzer Willy Bartels seien bereits Verträge abgeschlossen. Das dementierte Roch zwar. Zu den Einzelheiten, die Bartels medial verbreiten ließ, sagte er jedoch: „Es bestehen keine Zweifel an der Rechenfähigkeit von Bartels.“
Demnach sieht der Kompromiß zwischen dem Immobilienmogul und dem Bezirksamt so aus: Der Vertrag über das Interrast läuft wie vorgesehen bis zum Jahr 2000 weiter. Allerdings wird die Anzahl der an den Bezirk vermieteten Betten reduziert, nämlich um 370 auf künftig 388 Plätze. Zudem werden die einzelnen Betten pro Nacht nicht mehr 22, sondern 16 Mark kosten. Bartels generös: „Ich verzichte zugunsten der Stadt auf 4,5 Millionen Mark Miete.“
Alles andere könnte die Stadt auch kaum öffentlich rechtfertigen. Vor einer Woche war nämlich bekannt geworden, daß das Interrast als Flüchtlingsunterkunft gar nicht mehr benötigt wird. Denn die Zahlen der Zuwanderer in Hamburg sind rückläufig. Erklärtes Ziel der Stadt ist es, die Flüchtlinge eher in stadteigenen festen Unterkünften zu beherbergen, also in Pavillon- und Containerdörfern, als in teuren angemieteten Hotels. Etliche Mietverträge konnten bereits gekündigt werden.
Bereits vor einem Jahr hätte auch das Interrast gekündigt werden können, wirksam wäre die Kündigung diesen Februar geworden. Daß die dortigen Betten nicht mehr benötigt werden, war damals abzusehen, doch der Bezirk versäumte es, rechtzeitig den Vertrag zu lösen. Deshalb laufen die Verträge für das überflüssige Hotel bis zum Jahr 2000 weiter – und Bartels verdient weitere zwölf Millionen Mark Miete.
Doch nicht allein wegen der Kosten war das Interrast ins Gerede gekommen. Vor allem wegen der Zustände in dem heruntergekommenen Etablissement fordern Flüchtlingsinitiativen schon lange, die „menschenunwürdige“ Unterkunft zu schließen.
Elke Spanner
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