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„Liberalistische Gefühlsduselei“

Bürgerinitiative plant Volksabstimmung zu geschlossenen Heimen. Senat sei „mitschuldig“ an gewalttätiger Jugendkriminalität  ■ Von Silke Mertins

Die Bürgerinitiative „Opferschutz statt Täterschutz“ will Konsequenzen aus dem Mord zweier 16jähriger an dem Tonndorfer Feinkosthändler Willi Dabelstein ziehen. Straffällige Jugendliche sollen künftig wieder in geschlossenen Heimen untergebracht werden, um sie zu „entschärfen“. Mit „liberalistischer Gefühlsduselei und falsch interpretierten rechtsstaatlichen Grundsätzen“ im Umgang mit kriminellen Minderjährigen solle Schluß sein. Die Ini-Sprecher Frank-Michael Bauer sowie Klaus und Margret Stegemann wollen eine Volksabstimmung auf den Weg bringen, wenn die Politik bis Ende dieses Jahres keine Unterbringung hinter Gittern beschlossen hat. „Der Senat ist mitschuldig an der jugendlichen Gewaltkriminalität“, so Bauer. Alle drei sind Statt-Partei-Mitglieder, betonen jedoch die „Überparteilichkeit“ des Anliegens.

„Wir wehren uns dagegen, daß die, die etwas Strengeres fordern, als Unmenschen abgetan werden“, rechtfertigt Stegemann die Forderung. Die Gesellschaft habe ein Recht darauf, daß „solche Kinder und Jugendlichen aus Sicherheitsgründen weggeschlossen werden“. Es gehe ja nicht um Eierdiebe, sondern um „Gewalt- und Intensivtäter“. Daß die Jungen dann erst recht auf die schiefe Bahn geraten, sei nicht zu befürchten. „Die sind doch schon kriminell und werden es nicht erst durch geschlossene Heime“, so Bauer.

Wenn man die Täter einfach frei herumlaufen lasse, gibt Margret Stegemann zu bedenken, habe das fatale Folgen für die Gesellschaft. „Was mit dem Rechtsempfinden der Bürger passiert, ist viel schwerwiegender, als die Jugendlichen einzusperren.“ Wenn sich daran nichts ändere, „treiben wir den Rechten die Wähler in die Arme“.

Mußten sich vormals Bürgerinitiativen auf Protest und Appelle beschränken, „können wir heute dank der Volksgesetzgebung unsere Forderungen auch durchsetzen“, freut sich Bauer. Das Trio glaubt, daß ein großer Teil der Bevölkerung hinter der Initiative steht. „Bei diesem Thema haben uns schon viele auf die Schulter geklopft“, berichtet Bauer.

Mit dem Vorstoß wird nun wohl genau das eintreten, was etwa der SPD-Verfassungsexperte Jan Ehlers, der seinerzeit als Jugendsenator die „Kinderknäste“ abschaffte, befürchtet hat. „Der Volkswille ist nicht von Natur aus gut“, sagte er Anfang Juli im taz-Interview. „Bei einer Entscheidung über solch ein Thema würde es vermutlich eine Stammtischmehrheit geben.“ Deshalb müsse wenigstens sichergestellt sein, daß eine ausreichend große Zahl von BürgerInnen sich an der Abstimmung beteiligt, damit „es keine Zufallsmehrheit ist“. Wenn die WählerInnen sich aber am 27. September für niedrigere Hürden bei der Volksabstimmung entscheiden, so Ehlers, würde auch eine Stimmen-Minderheit ausreichen.

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