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Telefonjuristerei ist rechtmäßig

■ Berliner Landgericht: Hotline-Anwälte geben keine Kompetenzgarantie für ihre fernmündliche Beratung. Jetzt europaweit?

Berlin (taz/dpa) – Die Telefon- Hotline für Rechtsberatung muß nicht kaltgestellt werden. Das haben die Richter am Berliner Landgericht gestern entschieden. Rechtberatung per Telefon sei erlaubt, da weder die Hotline-Anwälte noch die Betreiber Einfluß auf die Anrufer nehmen und auch keine Kompetenzgarantie für die Beratung geben würden, begründete die Kammer ihre Entscheidung. Auch die Art der Gebührenerhebung sei nicht rechtswidrig.

Ein Anruf bei der Rechtsberatungs-Hotline kostet 3,63 Mark pro Minute – davon behält die Telekom 1,15 Mark ein. Da die Telefongespräche durchschnittlich nur fünf Minuten dauern, ist die Rechtsberatung am Telefon günstiger als eine normale Beratung beim Rechtsanwalt. Seit die Hotline Anfang des Jahres angelaufen ist, haben bereits rund 40.000 Bürger diesen Service in Anspruch genommen. Für 80 Anwälte in ganz Deutschland ist die Telefonberatung ein lukrativer Nebenjob. Sie erhalten für eine Minute Telefonberatung 2,48 Mark, in manchen Fällen gewinnen die Telefonjuristen auch neue Mandanten.

Die Entscheidung des Berliner Landgerichts bedeutet für die klagenden Anwälte der Düsseldorfer Anwaltskammer, daß sie auch weiterhin mit der Konkurrenz der Hotline-Anwälte leben müssen. Am Telefon sei der Mandantenschutz nicht gewährleistet, hatten sie ihre Klage begründet, außerdem bezweifelten sie die Kompetenz einiger Hotline-Anwälte.

Die Hotline-Betreiberfirma mit Sitz in Berlin mußte schon 20 Anträge auf Unterlassung abwehren. Einmal stand die Hotline wegen der einstweiligen Verfügung eines Münchner Gerichts sogar einen Monat lang still. Der Geschäftsführer und Erfinder der Rechtsberatungs-Hotline, Markus Demm, ist überzeugt davon, daß Rechtsberatung am Telefon zeitgemäß ist: „Der Response ist umwerfend“, sagte er zur taz. Die Rate der Anrufer habe seit Beginn des Jahres monatlich um 20 Prozent zugenommen. In Zukunft will Telefonjurist Demm auch in anderen europäischen Ländern Rechtsberatungs-Hotlines einrichten.

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