: Plötzlich ist der Dicke spendabel
■ Bundeskanzler Helmut Kohl sagt 100 Millionen Mark fürs Olympiastadion zu, nachdem die SPD zuvor ähnliche Versprechungen gemacht hatte. Grüne sprechen von "ungedecktem Scheck"
Erst schüttete die SPD ihr Füllhorn aus, jetzt hat Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) schnell nachgezogen: 100 Millionen Mark will er jeweils Berlin und Leipzig zur Verfügung stellen, um die Bewerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zu unterstützen. Das Geld könnte in Berlin entweder für die Sanierung des Olympiastadions oder für einen Stadion-Neubau verwendet werden. Eine Woche zuvor hatte die SPD ähnliche Versprechungen gemacht: Im Falle eines Wahlsiegs werde das Olympiastadion zur Chefsache gemacht. Dann werde in kürzester Zeit geklärt, wieviel Subventionen es aus der Bundeskasse gebe, hatte der umzugspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Wilhelm Schmidt, versichert.
Die von Kohl angekündigten Millionen sollen vermutlich beim Bundesinnenministerium angesiedelt und in die mittelfristige Finanzplanung des Bundes aufgenommen werden. Das wird aber voraussichtlich erst nach der Bundestagswahl geschehen, wenn der Haushaltsentwurf neu eingebracht wird, so ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Auch eine neue Bundesregierung sei jedoch an die Zusage Kohls gebunden, weil sich die Bundesrepublik damit als „Rechtsperson“ verpflichtet habe.
Von dieser Zusage hält der sportpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Dietmar Volk, gar nichts. Seit zehn Jahren laufe die Debatte über das Olympiastadion. Kohl hätte die Subventionen längst zuzusichern können. Doch das sei im Bundestag regelmäßig abgelehnt worden. Bevor nicht ein Vertrag auf dem Tisch liegt, glaubt Volk daher nicht, daß die Bundesmittel tatsächlich fließen. „Das ist ein ungedeckter Scheck.“
Auch SPD-Fraktionschef Klaus Böger äußerte sich skeptisch: „100 Millionen Mark sind ein guter Anfang, aber nicht ausreichend.“ Zudem sei die Summe im Bundeshaushalt nicht abgesichert. „Weltmeister im Ankündigen, Kreisklasse im Handeln“ sei die Bundesregierung bislang gewesen.
Für die Sanierung des Stadions werden etwa 600 bis 700 Millionen Mark veranschlagt. Nach Ansicht von Volk müßte der Bund mindestens 150 bis 200 Millionen zuschießen. Zudem sei nach wie vor ungeklärt, was mit dem Olympiagelände geschehe. Jutta Wagemann
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