: Bremen zahlt zuviel für seine Asylbewerber
■ Rechnungshof rügt Sozialbehörde für dubiose Verträge : Die „Bremische“ und andere Träger sahnten ab
Das Bremer Sozialressort zahlt zu viel Geld für die Unterbringung von Asylbewerbern. Das ist das Fazit einer Prüfung durch den Rechnungshof. Ansatzpunkt für dessen Rüge war die Tatsache, daß die Asylbewerberzahlen nach der Änderung des Grundgesetzes im Jahre 1993 zwar deutlich zurückgegangen, die Ausgaben Bremens seitdem aber nur geringfügig gesunken sind.
Das hat verschiedene Ursachen. So sank die Zahl der Leistungsempfänger in Bremen in den drei folgenden Jahren nur von 6.200 (1993) auf 5.000 (1997), weil das Verwaltungsgericht mit der Bearbeitung der Asylverfahren nicht nachkam. Während 1990 rund 990 Asylklagen bei Gericht lagen, stapelten sich im Jahre 1996 insgesamt 2.449. Das Justizressort hat seitdem zwei weitere Richter mit der Abarbeitung der Fälle beauftragt – mit dem Ziel, die Zahl der in Bremen lebenden Asylbewerber schneller zu senken. Für „sinnvoll“ hält der Rechnungshof in diesem Zusammenhang auch die Stärkung der „Abschiebegruppe“ beim Innensenator.
Die hohen Kosten haben jedoch auch andere Gründe: So bezahlt die Stadtgemeinde Bremen an die Wohnungsbaugesellschaft „Bremische“ festgelegte Summen für eine bestimmte Anzahl bereitzustellender Unterbringungsplätze – unabhängig davon, ob diese Plätze auch belegt werden. Die Prüfung ergab: Für rund ein Viertel der so abonnierten Unterkunftsplätze floß Geld, ohne daß sie besetzt wurden. Verschwendung, monierte der Rechnungshof. Die Unterbringungskosten müßten pro Person gezahlt werden. Die Zahl der Flüchtlinge nämlich ist von 1994 bis 1997 um ein rundes Viertel gesunken, während die Unterbringungskosten für sie um rund zehn Prozent gestiegen sind.
Jedoch bezweifelt der Rechnungshof grundsätzlich, daß die Übertragung der Unterbringung auf die „Bremische“ sinnvoll war. Nach seinen Erkenntnissen lag dieser Entscheidung nämlich die fehlerhafte Einschätzung eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens zugrunde. Dieses hatte der Behörde Kostenvorteile bei einer Privatisierung der Unterbringung vorgerechnet. Das Problem: Verwaltungspauschalen, die das Sozialressort für jedes angemietete Objekt bezahlen muß, wurden von den Wirtschaftsprüfern nicht eingerechnet. Die Folge sei, schreibt der Rechnungshof, „daß die Aufgabenübertragung teurer war als die Behördenlösung“, da die „Verwaltungspauschale“ zu allem Überfluß sogar für Objekte bezahlt werde, „für die das Unternehmen keine Verwaltungsaufgaben übernommen hat“.
Zwar hat die Sozialbehörde die Anpassung des Vertragswerkes für 1997 vereinbart – und mittlerweile versprochen, dadurch ab 1998 rund 4,3 Millionen Mark pro Jahr einzusparen. Die Verhandlungen darüber begannen aber erst, nachdem der Rechnungshof seine Überprüfung begonnen hatte. Aufgrund der Eigeninteressen der „Bremischen“, insbesondere nach der Privatisierung, regt der Rechnungshof jetzt an, daß die Behörde über ein Controlling ihrer Zahlungen nachdenkt.
Letzter Kritikpunkt ist das Asyl-Schiff. Zwar sei die Pacht dafür zwischen 1993 und 1998 gering gewesen. Durch die mit 80 Prozent mangelhafte Auslastung des Wohnschiffs sei diese Form der Unterbringung dennoch teuer geworden; dabei hatte die Stadt selbst diese geringe Belegungsrate politisch beschlossen, da Asylbewerber höchstens ein Jahr lang auf dem als Wohnort umstrittenen Schiff leben sollten. Der Rechnungshof hält dagegen, daß es auch über 1998 hinaus wirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre, das Schiff anzumieten, und dafür andere, teurere Unterkünfte aufzugeben. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen