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Petitionsausschuß abgelehnt

Hamburger Eingabenausschuß fühlt sich vom Senat nicht ernst genug genommen. Er fordert eine Vermittlungsstelle  ■ Von Elke Spanner

Daß der Hamburger Senat den Petitionsausschuß nicht ernst nimmt, würde dessen Vorsitzender Jürgen Klimke (CDU) niemals behaupten. Daß er ihn weit ernster nehmen könnte, hingegen schon.

Einundzwanzig Bürgerschaftsabgeordnete von GAL, SPD und CDU beraten in dem Gremium über „Gnadengesuche“ von Menschen, streiten sich solange, bis sie sich auf ein Votum einigen können. Und das schlägt der Senat oft genug in den Wind. In Harmonie vereint, schlugen die SprecherInnen aller Fraktionen im Petitionsausschuß deshalb gestern eine „Clearingstelle“ für Unstimmigkeiten zwischen Gremium und Senat vor.

An den Eingabenausschuß kann man sich wenden, wenn im Streit mit Hamburgs Verwaltung nichts mehr geht. Wenn alle Gerichtsinstanzen grünes Licht für eine Abschiebung gegeben haben und der Flüchtling dennoch Gründe hat, in Hamburg bleiben zu wollen. Wenn ein ausländischer Jugendlicher das Land verlassen soll und noch in seiner Ausbildung steckt. Oder wenn ein Vermieter für seine HausbewohnerInnen ein Fahrradhäuschen aufstellen will und das Bezirksamt die Genehmigung versagt. Hält der Ausschuß das Anliegen für berechtigt, verweist er die Hilfesuchenden an den Senat.

Das kommt jedoch relativ selten vor. Über 90 Prozent aller PetentInnen erhalten direkt eine Absage. 1183 Menschen reichten im Vorjahr eine Petition ein, nur 38 davon leitete der Eingabenausschuß an den Senat weiter. Und der ließ sich nur in der Hälfte dieser wenigen Fälle dazu bewegen, dem Votum der gewählten VolksvertreterInnen zu folgen. Dabei seien es „keineswegs Querulanten“, die Petitionen einreichten, sondern „Menschen mit einem berechtigten persönlichen Interesse“, betont Klimke.

Um ihren Empfehlungen gegenüber dem sturköpfigen Senat mehr Chancen einzuräumen, hat der Petitionsausschuß nun zwei JuristInnen eingestellt, die seine Entscheidungen sachlich und juristisch unterfüttern sollen. Zudem erwägen die Mitglieder, die Sitzungen öffentlich abzuhalten und PetentInnen persönlich anzuhören. Auch will man sich in Einzelfällen auf die Suche nach Alternativen zu einer Entweder-Oder-Entscheidung machen.

Doch auch in der Vergangenheit konnte der Petitionsausschuß schon Einfallsreichtum beweisen: Eine Frau hatte sich beschwert, daß sie jeden Samstag in einer Bücherhalle die Stellenanzeigen in Tageszeitungen lesen wolle. Dafür brauche sie rund eine Stunde, und die sei ihr angesichts eines einzigen Zeitungsexemplars nicht vergönnt. Hier regte der Ausschuß an, daß jene Ausgabe nicht im ganzen, sondern in Einzelteile zerpflückt ausliegen solle, damit mehrere Menschen parallel lesen können. Eine erfolgreiche Petition, so Klimke.

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