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Chamenei warnt vor Flächenbrand

■ Der Konflikt zwischen Iran und den afghanischen Taliban droht zum Krieg zu eskalieren. Irans Religiöser Führer ruft Afghanistans schiitische Bevölkerungsminderheit zum Widerstand auf

Teheran/Berlin (AFP/dpa/taz) Irans Religiöser Führer, Ajatollah Ali Chamenei, hat vor einem bevorstehenden Krieg mit den radikal-islamischen Taliban in Afghanistan gewarnt. Die Gefahr eines bewaffneten Konflikts sei „riesig und sehr nah“, hieß es gestern in einer im staatlichen Rundfunk verlesenen Botschaft. Er bemühe sich zwar, einen Flächenbrand zu vermeiden, aber die Flammen seien nicht leicht zu löschen.

Zugleich forderte Chamenei die afghanischen Schiiten zum „Widerstand“ gegen die sunnitischen Taliban auf. Die Schiiten sollten der „Aggression“ der Taliban „mutig widerstehen“. „Mit der Gnade Gottes“ könnten sie siegen. Chamenei appellierte an Pakistan, die Taliban nicht weiter militärisch zu unterstützen.

Nach der Eroberung der Hochburg der von Iran unterstützten Anti-Taliban-Allianz, Masar-e Scharif am 8. August, hatten Taliban-Kämpfer nach Angaben von Augenzeugen Tausende Angehörige der schiitischen Minderheit der Hasara ermordet. Unter den Opfern waren auch mindestens acht iranische Diplomaten und ein iranischer Journalist. Irans Staatsführung hat ein Großmanöver mit über 200.000 Soldaten in der Grenzregion angekündigt. „Die iranischen Streitkräfte sind in voller Alarmbereitschaft, um die territoriale Unversehrtheit des Landes zu schützen“, sagte ein iranischer Militärkommandant.

Taliban-Sprecher Mullah Wakil Ahmad machte gestern Iran für den Tod der Diplomaten verantwortlich: „Als die Taliban zur Offensive auf Masar-e Scharif ansetzten, haben alle Ausländer die Stadt verlassen. Aber Teheran beließ seine Diplomaten dort. Warum?“

Am Wochenende hatten die Taliban die mehrheitlich von Schiiten bewohnte Stadt Bamian erobert. Damit beherrschen die „Koranschüler“ über 90 Prozent des Landes. Das iranische Fernsehen warf den Taliban gestern vor, in Bamian mehrere tausend Menschen umzubringen. Die Taliban behaupteten über ihren Radiosender, in Bamian seien ihnen große Mengen Waffen und Munition in die Hände gefallen. An einigen Stellen in der Provinz stießen sie noch auf Widerstand. Zugleich warfen sie dem Iran vor, mit den Kriegsvorbereitungen von innenpolitischen Problemen ablenken zu wollen.

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