: Russen essen kein Fleisch mehr aus der EU
■ Krise im Osten belastet Haushalt „erheblich“. Vor allem Schweinezüchtern droht Pleitewelle
Berlin (taz/dpa) – Die Rußland- Krise wird nach Einschätzung der EU-Kommission sehr ernste Folgen für die Landwirte in der Europäischen Union haben. In einer internen Studie für die EU-Staaten warnt die Kommission, daß ein anhaltender Rückgang der Exporte von Schweine- und Rindfleisch nach Rußland auch den EU-Haushalt erheblich belasten werde. Die Folgen der Rußland-Krise waren am Montag ein Thema beim zweitägigen informellen Treffen der EU-Agrarminister im österreichischen St. Wolfgang. Genaue Summen über die erwarteten Schäden wurden aber noch nicht bekannt.
Die EU hatte in den vergangenen Tagen beschlossen, für die halbjährige Lagerung von Schweinefleisch in Kühlhäusern eine Prämie von 619 bis 765 Mark pro Tonne zu bezahlen. Das ist eine Notmaßnahme, um Schweinefleisch vom Markt zu nehmen. Denn die Preise für Schweine sind so tief wie noch nie: Nur noch gut zwei Mark pro Kilo erhalten die Bauern derzeit. Das liegt unter den Entstehungskosten. Im letzten Jahr war ein Kilo noch mehr als vier Mark wert. Die Preise für Rindfleisch sind seit den BSE- Skandalen sowieso im Keller.
Nach Angaben der EU-Kommission ist der Agrarhandel mit Rußland vollkommen zusammengebrochen. Rußland ist inzwischen der zweitgrößte Markt für EU-Agrarprodukte nach den USA. Bei Rindfleisch machen die Ausfuhren nach Rußland etwas mehr als 40 Prozent, bei Schweinefleisch 30 Prozent aller Exporte aus. Nun werden die Spediteure wesentlich mehr Schweinehälften in die Kühlhallen verfrachten, als von der EU angenommen – und das kostet.
Den größten Teil des in der EU erzeugten Fleisches essen die Westeuropäer selbst. Doch schon ein Produktionsüberschuß von wenigen Prozent drückt die Preise in den Keller. Die Preise für Schweine stiegen letztes Jahr, weil in der EU neun Millionen Borstenviecher wegen der Schweinepestgefahr notgeschlachtet wurden – vor allem in den Niederlanden. Dieses Jahr produzieren die Niederländer wieder auf vollen Touren, die Züchter in anderen Ländern haben aber inzwischen ihre Kapazitäten um fünf Prozent erhöht. Sogar der Grillsommer war bekanntlich verregnet und damit umsatzarm. Nun drohen noch mehr Bankrotte bei den Landwirten als schon in den letzten Jahren. rem
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen