: Rot-Grün mit ehrgeizigem Umweltplan
„Ökologische Modernisierung“ soll Umwelt schützen und Jobs bringen. Per Umweltplan will die neue Regierung Deutschland zum Ökovorreiter machen. Natur und Boden sollen besser geschützt werden ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – Im umweltpolitischen Teil der Koalitionsvereinbarungen haben sich die Verhandlungspartner ehrgeizige Ziele gesetzt. Nicht nur Hermann Scheer (SPD) und Michaele Hustedt (Grüne), ausgewiesene Umweltexperten der beiden Fraktionen, sind „sehr zufrieden“ mit dem Entwurf, auch der Naturschutzbund (Nabu) lobte Rot-Grün: dies sei eine „gute Basis für eine zukunftsweisende und moderne Umweltpolitik“, sagte Nabu-Präsident Jochen Flasbarth.
Herzstück der Vereinbarungen ist der lange geforderte Umweltplan, den die neue Regierung „im Dialog mit den wichtigen gesellschaftlichen Gruppen“ erarbeiten will: „Nationale Nachhaltigkeitsstrategie“ soll der Plan offiziell heißen, weil viele Ostdeutsche das Wort „Plan“ noch immer mit „Planwirtschaft“ verbinden. Der Umweltplan soll entsprechend der Empfehlung der Enquetekommission „Schutz von Mensch und Umwelt“ des Bundestages eingeführt werden. Das bedeutet: Quer durch alle Ressorts sollen umweltpolitische Ziele, wie weniger Flächenverbrauch oder verbesserte Luftqualität, konkret und verbindlich formuliert und in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.
Dieser Umweltplan soll die „ökologische Modernisierung“ voranbringen, von der sich SPD und Bündnisgrüne nicht nur Umweltschutz, sondern auch mehr Jobs erhoffen. „Die Bundesregierung wird dafür sorgen, daß unser Land hierin eine Vorreiterrolle übernimmt“, so das ehrgeizige Ziel. Klimaschutz soll in allen Bereichen verstärkt werden, also auch im Verkehr. Erneuerbare Energien sollen gefördert und sparsamer mit Energie, Rohstoffen und Landschaft umgegangen werden. Der Energieteil blieb allerdings bis gestern recht unkonkret (siehe Kasten).
Die künftige Regierung will der Industrie den Weg der freiwilligen Selbstverpflichtungen offen lassen, anders als beim Kabinett Kohl sollen sie aber „eindeutig und überprüfbar und bei Nichteinhaltung mit Sanktionen verbunden“ sein, heißt es im Koalitionspapier. Schließlich solle die Umwelthaftung verschärft werden, falls der Staat auf einzelne Ökovorschriften wie Grenzwerte verzichtet. Ein neues Umweltgesetzbuch soll die zersplitterten Genehmigungsverfahren vereinheitlichen.
Die vom Bundesrat gestoppte Naturschutznovelle soll neu angegangen werden und darin „zehn Prozent der Landesfläche“ als „Biotopverbundsystem“ gesichert werden. Ökoverbände sollen ein Verbandsklagerecht erhalten, der Ausverkauf von unter Naturschutz stehenden Landstrichen in Ostdeutschland gestoppt werden. Im Bodenschutzgesetz will Rot-Grün die Gefahrenvorsorge verbessern. Schließlich wollen die Partner die Sommersmog-Verordnung verschärfen.
Überarbeiten will die rot-grüne Koalition auch die Vorschriften zum Grünen Punkt, zur Elektroschrott- und zur Altautoentsorgung. Verwertung und Entsorgung will man künftig besser voneinander abgrenzen, damit, so Michale Hustedt, „die umweltschädliche Billigentsorgung“ in Bergwerken unterbleibt. Denn für die „Verwertung“ von Abfall als Verfüllung alter Stollen gelten bisher weit schwächere Vorschriften als für ordentliche Mülldeponien.
Der Nabu mahnte vorab, die anspruchsvollen Vorhaben nicht auf die lange Bank zu schieben und „den Schwung der ersten 100 Tage zu nutzen“.
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