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Rote und grüne Signale für die Deutsche Bahn

■ Verkehrspolitik der neuen Regierung birgt mehr Chancen für die Bahn und viel Stoff für Streit

Berlin (taz) – Wenn die Koalition hält, was ihr Vertrag verspricht, dann fährt die Bahn bald auf ein neues Gleis. Die künftigen rot-grünen Regierungspartner beschlossen, „faire und vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für alle Verkehrsträger herzustellen und vorhandene Benachteiligungen der Bahn, insbesondere bei den Wegekosten, zu beseitigen.“

Es handelt sich um einen Schritt, der dringend notwendig ist, denn für jeden Zug, der in Deutschland unterwegs ist, werden Trassengebühren fällig. Sie werden vom Netzbereich der Deutschen Bahn AG erhoben, der damit den Ausbau und Unterhalt des Netzes finanziert. So hat es die Bahnreform festgeschrieben, die die SPD 1993 mitgetragen hat und die auch kurz vor der Bundestagswahl von ihren Verkehrsexperten verteidigt wurde. Insofern sind leichte Zweifel an einem grundsätzlichen Umsteuern angebracht. 6,7 Milliarden Mark jährlich bezahlen die Nutzer für das Schienennetz. Auf den Straßen dagegen herrscht freie Fahrt für freie Bürger.

Im Koalitionsvertrag heißt es nun, daß alle europa- und wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten zur Senkung der Trassenpreise genutzt werden sollen. Demnach müßten die Gleise künftig aus Steuergeldern gebaut und unterhalten werden, so wie es in Schweden und Holland schon heute geschieht. Doch im Koalitionsvertrag gibt es eine entscheidende Einschränkung: Die Sache muß finanzierbar sein. Dennoch lobte der Verkehrsclub Deutschland (VCD) gestern die Ankündigung der künftigen Regierung und forderte schnelles Handeln. „Die Bahn steht in einem verzweifelten Wettlauf gegten die Zeit, um die Kosten zu drücken und die Erlöse zu verbessern“, sagte der VCD-Vizevorsitzende Heinz Klewe.

Weiter vereinbarten SPD und Bündnisgrüne, den Bundesverkehrswegeplan zu überarbeiten – und zwar in dem Sinn, daß ein „möglichst hoher Anteil des Straßen- und Luftverkehrs auf Schiene und Wasserstraßen“ verlagert wird. Auch neue Kriterien für die Bewertung des Kosten-Nutzen- Verhältnisses bei den einzelnen Projekten wurden verabredet. Hier liegt viel Streitpotential für die neue Regierung. Bis der Plan überarbeitet ist, soll weitergebaut werden, wo schon die ersten Bagger angerückt sind. Auch „bereits vergebene Aufträge werden ausgeführt“. Die SPD interpretiert diesen Satz bei der Ostseeautobahn A 20 als grünes Licht fürs ganze Projekt.

Bei der ICE-Trasse durch den Thüringer Wald dagegen sollen Alternativen geprüft werden, heißt es ausdrücklich im Koalitionsvertrag. Weiter geplant ist eine elektronische Gebührenerhebung für Lkw, die Vielfahrer stärker belastet als bisher. Zur Zeit müssen Spediteure für jeden Laster eine Vignette kaufen, die das ganze Jahr gilt – egal, wie stark sie die Straßen abnutzen. Annette Jensen

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