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Pfanne frei für Briten-Beef trotz immer neuer BSE-Fälle

■ Deutschland überstimmt: Veterinärausschuß der EU ist für eine Aufhebung des Exportverbots für Rinder aus Großbritannien. Nur schwache Auflagen beschlossen

Berlin/Brüssel (taz/AFP) – Obwohl in Großbritannien noch immer monatlich mehr als 300 Rinder wegen BSE-Symptomen aus dem Verkehr gezogen werden, wird das Rindfleisch-Embargo für Großbritannien wohl in drei Wochen aufgehoben. Gestern passierte eine entsprechende Vorlage der EU-Kommission den Veterinärausschuß, am 23. und 24. November wird sich der Agrarrat mit der Vorlage befassen und ihr aller Voraussicht nach zustimmen. Bis das erste britische Beefsteak in den hiesigen Supermarkttruhen landet, dauert es aber wahrscheinlich noch bis zum kommenden Frühjahr, denn die Aufhebung ist an Auflagen gebunden, die Großbritannien noch nicht vollständig erfüllen kann.

Von den fünfzehn versammelten Veterinären stimmten acht für die Aufhebung. Der deutsche Delegierte stimmte dagegen, mit ihm auch die aus Frankreich, Italien, Spanien und Österreich. Die Niederlande und Luxemburg enthielten sich der Stimme. Nun reicht die einfache Mehrheit im Agrarrat, die als sicher gilt.

Als Auflage sieht die EU-Kommission vor, daß Großbritannien die Rinder für den Export und für den eigenen Bedarf in getrennten Schlachthöfen verarbeiten muß. Dazu sind die Briten nach Expertenschätzungen nicht vor Januar in der Lage. Die EU-Kommission plant außerdem noch eine abschließende Inspektion, die den Export noch einmal verzögern wird. Großbritannien muß sicherstellen, daß die exportierten Tiere nicht älter als 30 Monate sind, daß die Mutterkuh noch mehr als sechs Monate nach dem Wurf gelebt hat und ohne BSE-Symptome geblieben ist. Das Problem dabei ist, daß die Briten dies nicht immer klar nachweisen können. In solchen Zweifelsfällen sollen die Rinder nicht ausgeführt werden dürfen.

Die Auflagen für die Briten sind deutlich weniger streng als die für Irland, das für die Aufhebung des Embargos seinerzeit garantierte, daß die Herden, aus denen die Exportrinder stammen, seit acht Jahren BSE-frei sind. Doch das können die Briten schlicht deshalb nicht, weil dort über Jahre die Tierbestände schlecht dokumentiert und infizierte Kühe heimlich von Hof zu Hof verschoben wurden.

Der Vizepräsident des Agrarausschusses des Europaparlaments, Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, ist unzufrieden mit der Regelung. Zwar habe die Labour-Regierung „alle Schutzauflagen der EU ziemlich konsequent umgesetzt“. Trotzdem hält er die Entscheidung für falsch: Vor der Aufhebung des Embargos „muß ein BSE-Test vorgeschrieben werden“, verlangt der grüne Politiker. Schweizer Wissenschaftler haben jüngst einen BSE-Test, der am Schlachthof einsetzbar ist, erfolgreich getestet. Doch die EU zögert noch, diesen Test zuzulassen, weil einige Konkurrenztests ebenfalls kurz vor der Fertigstellung sind. „So ein Test wäre natürlich ein Riesengeschäft“, sagt Baringdorf. Bisher peilt die EU-Kommission eine Zulassung mehrerer Tests im ersten Halbjahr 1999 an.

Derweil ist in Portugal die Zahl der BSE-Fälle auf fast 70 in diesem Jahr nach oben geschnellt. Die EU-Kommission will daher in den kommenden Tagen ein neunmonatiges Ausfuhrverbot für Rindfleisch aus Portugal verhängen. Matthias Urbach

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