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„Narrenfreiheit für Ärzte“

UKE-Skandal: Staatsanwalt stellt 19 Ermittlungen ein. Anwalt Funke spricht in Brief an Justizbehörde von „Strafvereitelung im Amt“  ■ Von Heike Haarhoff

„Mir ist der Glaube an rechtsstaatliche Ermittlungen verloren gegangen.“ Fassungslos zeigte sich gestern Patientenanwalt Wilhelm Funke über „das Verhalten der Hamburger Staatsanwaltschaft“. Anstatt anzuklagen, habe diese in 19 Fällen die Ermittlungen eingestellt, die sie wegen leichter und schwerer Körperverletzung sowie wegen fahrlässiger Tötung gegen den ehemaligen Chefarzt der Strahlentherapeutischen Abteilung im Universitätskrankenhaus Eppen-dorf (UKE), Prof. Dr. Dr. Klaus-Henning Hübener geführt hatte.

Funke vertritt die DarmkrebspatientInnen, beziehungsweise ihre Angehörigen, die dort zwischen 1986 und 1990 nach der sogenannten Sandwich-Methode bestrahlt wurden und erhebliche Schäden erlitten. In einem offenen Brief an Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) bezeichnete er gestern die Einstellung der Ermittlungen als „Justizskandal“. Funke forderte die Senatorin auf, gegen den verantwortlichen Staatsanwalt ein Ermittlungsverfahren wegen des „Verdachtes der Strafvereitelung im Amt“ zu veranlassen.

Denn der hätte in mehreren Fällen Anklage wegen schwerer Körperverletzung und fahrlässiger Tötung erheben müssen, so Funke. Zumindest aber hätte er die Ermittlungen fortsetzen müssen. Denn verjährt sei bestenfalls die einfache Körperverletzung, nicht aber die schwere oder die fahrlässige Tötung. Zudem habe die Staatsanwaltschaft „in einem Fall den Tod eines Patienten verschwiegen“.

Die Justizbehörde erklärte gestern, sie werde sich zunächst einen Sachstandsbericht von der Staatsanwaltschaft vorlegen lassen. Allerdings, so deren Pressesprecher Rüdiger Bagger, sehe er „keinen Anlaß“ für ein Ermittlungsverfahren. Zwar sei unstrittig, daß die PatientInnen falsch behandelt wurden. Deswegen hätten sie – auf zivilrechtlichem Wege – Schadensersatz erhalten. Doch die zur Anklageerhebung notwendige „strafrechtliche Kausalität“ zwischen der Strahlenbehandlung und dem Tod einiger PatientInnen sei nicht nachzuweisen. Denn möglicherweise, so Bagger, wäre „der Tod auch bei einer anderen Strahlenbehandlung nicht vermieden worden“.

Auch den Vorwurf, man hätte zumindest wegen schwerer Körperverletzung weiter ermitteln müssen, wies Bagger zurück. Bei diesem Straftatbestand komme es nicht auf die Schwere der Schädigung an – viele Patienten sind gelähmt, befinden sich im Siechtum oder sind bereits verstorben –, sondern darauf, daß die Körperverletzung „vorsätzlich“ begangen worden sei. Dafür jedoch gebe es „keinen Anhaltspunkt“.

Für Funke ist dennoch klar, „daß in Hamburg strafrechtliche Narrenfreiheit für Chefärzte herrscht“. Sollte sein offener Brief folgenlos bleiben, will er selbst Strafanzeige erstatten. Bereits vor einem Jahr, als die Ermittlungen in den 19 Fällen erstmals eingestellt werden sollten, war Funke mit einer Beschwerde erfolgreich gewesen.

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