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Polnisches Parlament setzt Stasi-Gesetz durch

■ Sejm überstimmt das Veto von Staatspräsident Kwasniewski. Opfer erhalten Akteneinsicht

Warschau (AP) – Das polnische Parlament, der Sejm, hat gestern das Veto von Präsident Aleksander Kwasniewski gegen das Stasi- Gesetz mit der erforderlichen Dreifünftelmehrheit überstimmt. Es erlaubt Opfern der kommunistischen Herrschaft Einblick in ihre Akten, die von einem noch zu schaffenden Institut für Nationales Gedenken verwaltet werden. Das ehemals kommunistische und jetzt parteilose Staatsoberhaupt äußerte Bedenken, daß dieses Institut zuviel Einfluß haben könnte. Außerdem sollten alle Polen Zugang zu den Akten haben, verlangte Kwasniewski, der das Gesetz aber dennoch unterzeichnete.

Das neue Institut darf selbst ermitteln

Die Abgeordneten im Sejm stimmten mit 282 gegen 164 Stimmen für das Stasi-Gesetz. Abgeordnete des Demokratischen Linksbündnisses (SLD) und die oppositionelle Bauernpartei (PSL) hatten sich erst am Vortag auf ein gemeinsames Vorgehen mit der Koalition geeinigt. Weil die Bauernpartei für ihre notwendige Unterstützung jedoch einige Änderungen durchgesetzt hat, wird es erst in einigen Monaten in Kraft treten können. Das neue Gesetz sieht vor, daß das Institut für Nationales Gedenken die Akten der kommunistischen Staatssicherheit aus den Jahren 1944 bis 1989 sammelt sowie Archivmaterial über Verbrechen aus stalinistischer und der Zeit des Nationalsozialismus. Das Institut darf eigenständige Ermittlungen führen, um Beweise gegen Verdächtige zu sammeln und diese dann anschließend vor Gericht stellen zu können.

Polen hat es bislang versäumt, seine Stasi-Akten aufzuarbeiten. Das entsprechende Gesetz wurde nach langen und zähen Diskussionen erst am 22. September verabschiedet. Vertreter der früheren kommunistischen Regierung erklärten, die Akten seien unvollständig und könnten infolge von Falschinformationen zu Hexenjagden führen.

Der ehemalige Staatspräsident und Solidarność-Führer Lech Walesa sagte hingegen, die Vergangenheit Polens müsse unbedingt aufgearbeitet werden, auch wenn dem höchste Regierungsvertreter zum Opfer fielen.

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