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Schuldenfrei nach sieben Jahren

Insolvenzgerichte nehmen Arbeit auf: Ab morgen müssen überschuldete HamburgerInnen nicht mehr jahrzehntelang zurückzahlen  ■ Von Elke Spanner

Ein volles Sparschwein hat Daniel S. seit seiner Kindheit nicht mehr in den Händen gehalten. Kaum hatte er die Realschule beendet und seine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen, tauschte er es gegen regelmäßige Mahn- und Kündigungsschreiben ein. Damals mißlang sein Versuch, sich mit einer eigenen Versicherungsagentur selbständig zu machen; der 24jährige gehörte fortan zu den rund 50.000 HamburgerInnen, die völlig überschuldet sind. Und ein Leben am Rande des Existenzminimums schien vorgezeichnet. Denn 30 Jahre lang konnten Gläubiger bisher darauf bestehen, daß sie ihr Geld bekommen – und alles pfänden lassen, was über das lebensnotwendige Minimum hinausgeht.

Ab morgen, 1. Januar, besteht für Daniel S. wieder Hoffnung auf ein schuldenfreies Leben. Mit dem Start des neuen Jahres nehmen in Hamburg Insolvenzgerichte ihre Arbeit auf. Nach der im Juli neu geschaffenen Insolvenzordnung können Überschuldete ihre Last schon nach sieben Jahren loswerden.

Dafür müssen sie ein streng vorgeschriebenes Verfahren durchlaufen: An dessen Anfang steht ein Gespräch bei einer Schuldnerberatungsstelle. Dort wird ein Kozept erarbeitet, mit dem der Schuldner in Verhandlungen mit seinen Gläubigern eintritt. Scheitern diese, muß binnen sechs Monaten das Insolvenzverfahren beim Amtsgericht beantragt werden. Stimmen dort mehr als die Hälfte aller Gläubiger zu, kann der Plan umgesetzt werden. Scheitert auch diese zweite Stufe, beginnt das eigentliche Insolvenzverfahren. Ein vom Gericht bestellter Treuhänder zieht das pfändbare Einkommen des Schuldners ein und verteilt es sieben Jahre lang unter den Gläubigern. Danach erläßt das Gericht den Rest der Schuld – gleich, wie groß er ist.

Der große Andrang zeichnet sich schon ab, ehe die neuen RichterInnen ihr Büro in der Weidestraße in Barmbek bezogen haben. Ein Stau wird sich auch vor den Türen der Beratungsstellen bilden, fürchtet der Geschäftsführer der Verbraucher-Zentrale Hamburg (VZH), Günter Hörmann. Denn während für die Gerichte selbst 50 neue Arbeitsplätze eingerichtet wurden, sind es für die Beratung nur 11,5 Stellen. Schon jetzt zeichnen sich laut VZH mehrmonatige Wartezeiten ab.

Die Beratungsstellen sind an die Bezirksämter angegliedert. Der VZH wurde bisher als einzige nichtstaatliche Organisation genehmigt, Beratungsscheine auszustellen. „Wir bräuchten fünf Stellen, um den Andrang bei uns zu bewältigen“, sagt Hörmann.

Auch die gesetzliche Regelung selbst hat ihre Haken. Zum einen müssen die Schuldner das Verfahren selbst zahlen – und mit den rund 3000 Mark Prozeßkosten ihren Schuldenberg noch vergrößern. Die Hamburger RichterInnen hätten laut Justizsprecherin Annette Pflaum deshalb signalisiert, Prozeßkostenhilfe zu gewähren. Zum anderen werden zunächst die Gläubiger befriedigt, die sich vertraglich zusichern ließen, daß sie Teile des Lohns pfänden lassen dürfen. So geschäftstüchtig sind vor allem Banken – und erst wenn diese drei Jahre lang kassiert haben, können auch Ex-Eheleute oder Kinder ihren Unterhalt bekommen.

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