: Von der Einsilbigkeit zur Zweisprachigkeit
97 verschiedene Sprachen werden an Hamburgs Schulen gesprochen. Das hat eine Erhebung der Schulbehörde über die Muttersprache aller aus dem Ausland stammenden SchülerInnen herausgefunden. Die Sprache, die darunter am häufigsten gesprochen wird, ist Türkisch – 10.800 Hamburger SchülerInnen der ersten bis zehnten Klassen beherrschen sie. An zweiter Stelle rangiert Russisch, immerhin 4200 Kinder von Aussiedlern aus den ehemaligen Sowjetrepubliken haben diese Sprache zu Hause gelernt. Mehr als 2300 SchülerInnen sprechen mit ihren Eltern Farsi, das iranische Persisch.
Mehr als 33.700 Kinder und Jugendliche in Hamburg sind zumindest zweisprachig groß geworden, können also Deutsch und ihre Muttersprache. Bisher werden diese Kinder mit der Sprache, die sie zu Hause lernten, jedoch nur selten in der Schule konfrontiert. Dabei spielt die Anerkennung der Erstsprache in der Schule eine große Rolle bei der „Herausbildung einer positiven personalen und sozialen Identität und damit bei der Persönlichkeitsentwicklung zweisprachig aufwachsender Kinder und Jugendlicher“. Das erkennt in dieser Wortwahl sogar der rot-grüne Koalitionsvertrag von 1997 erstmals an.
Zweisprachigkeit soll daher in Zukunft in Hamburg explizit gefördert werden: durch muttersprachlichen Unterricht, der nicht nur in der Grundschule angeboten wird, sondern möglichst bis zur zehnten Klasse zum Stundenplan gehört; aber auch durch bilinguale Schulen, in denen deutsche und ausländische Kinder von der ersten Klasse an in zwei Sprachen unterrichtet werden. Ein erster portugiesisch-deutscher Zug soll 1999 an der Rudolf-Roß-Gesamtschule in Hamburg-Neustadt eingerichtet werden. Eine italienisch-deutsche Klasse soll an einer anderen Schule folgen.
Christa Goetsch, schulpolitische Sprecherin der GAL, geht davon aus, daß in ein paar Jahren auch türkisch-deutsche Klassen entstehen. „Deutschland ist bisher sehr monolingual, also sehr auf die deutsche Sprache fixiert“, sagt sie. Ein Zustand, „den sich ein so vielsprachiges Einwanderungsland eigenlich längst nicht mehr leisten kann“. flo
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