: Ordner schützen Exklusivrechte
■ ARD-Fernsehteam wurde nach eigenen Angaben am Silvesterabend von schlagenden Ordnern am Brandenburger Tor bedrängt. Veranstalter: Ordner haben nur SAT.1-Technik geschützt
Massive Vorwürfe erheben zwei Journalisten des ARD-Magazins „Kontraste“ gegenüber dem Veranstalter der Silvesterfeier am Brandenburger Tor vor wenigen Tagen. Ordner der „Silvester in Berlin Veranstaltungen GmbH“, die auch dieses Mal die Feier organisiert und vermarktet hat, hätten ihr Fernsehteam geschlagen und massiv bedrängt, sagt John Goetz, der im Auftrag des SFB den Beitrag gedreht hat. Wie in der Sendung heute abend zu sehen sein werde, seien sie angebrüllt worden. Eine freie Berichterstattung vor dem Wahrzeichen Berlins sei nicht möglich gewesen. Auch ein ausländischer Journalist sei von Ordnern – manche von ihnen mit Skinhead- Haarschnitt – gehindert worden, vor das Tor zu gelangen. Außerdem habe das TV-Team mit mehreren Ordnern Interviews geführt, die im Gegensatz zu Vereinbarungen zwischen Senat und Veranstalter keine Ausbildung genossen hätten.
Willy Kausch, Geschäftsführer von „Silvester in Berlin“, wies die Vorwürfe der Journalisten zurück: Es habe keine Schläge von Ordnern gegenüber dem Team gegeben: „Das ist absoluter Quatsch.“ Die Security-Firmen, die die Sicherheit auf dem Pariser Platz und auf der Westseite des Tores gewährleisten sollten, hätten die Ordner geschult. Außerdem seien dies erfahrene Leute, die etwa Großveranstaltungen wie Rolling- Stones-Konzerte betreut hätten.
Das Kontraste-Team sei von Ordnern lediglich daran gehindert worden, im Technik-Bereich von SAT.1 zu drehen, so Kausch. Der Privatsender hatte die Exklusivrechte für die Berichterstattung des ganzen Abends vor dem Brandenburger Tor.
Es sei „nicht wahr“, daß das Kontraste-Fernsehteam rüde behandelt worden sei. Zudem habe die Polizei die Sicherheitsarbeit der Ordner bei der Silvesterfeier gelobt. Immerhin hätten allein auf dem Pariser Platz etwa 25.000 Menschen gefeiert, insgesamt strömten Unter den Linden und auf der Westseite des Tores 400.000 Menschen in der Silvesternacht zusammen. Angesichts dieser Menschenmassen habe es so gut wie keine Verletzte oder Ausschreitungen gegeben.
Unterdessen erscheint fraglich, ob das „Silvester in Berlin“-Unternehmen die Feier zur Jahrtausendwende wie geplant veranstalten kann. Der Baustadtradt von Mitte, Thomas Flierl (PDS), unterstrich, er werde einen entsprechenden Vertragsentwurf in der vorliegenden Form nicht unterschreiben. Er sei dagegen, die Feiern in der Form durchzuführen, wie sie in der vergangenen Jahren stattgefunden haben: In unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tores solle es keine Veranstaltungen mehr geben, da es zu Rangeleien komme, wenn viele Menschen nicht auf den Platz dürften, sobald er voll sei.
Außerdem fordert Flierl mehr Geld von Kauschs Unternehmen für die Nutzungsrechte des öffentlichen Raums. Schon bei der Feier vor wenigen Tagen mit einem Produktionsvolumen von 5 Millionen Mark habe „Silvester in Berlin“ nur insgesamt 21.000 Mark an die Bezirke Mitte und Tiergarten gezahlt. Für die Jahrtausendwende sei sogar ein Produktionsvolumen von etwa 25 Millionen Mark anvisiert worden. Philipp Gessler
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