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Volksbanker in der Bredouille

■ Die Staatsanwaltschaft sammelt in ihrer Anklageschrift Belege dafür, daß Volksbankchef Misgeld am Betrug von Anlegern beteiligt gewesen sei. Mitarbeiter warnten Misgeld bereits 1994

Die Luft wird dünner für Ulrich Misgeld, den unter Anklage stehenden Chef der Berliner Volksbank. Die hiesige Staatsanwaltschaft glaubt beweisen zu können, daß die Volksbank Ende 1993 von der Schieflage der inzwischen nicht mehr bestehenden Bauträgergruppe Euwo gewußt und sie dennoch mit weiteren Krediten am Leben gehalten habe. Auf diese Art seien private Geldanleger um 130 Millionen Mark geprellt worden. Das schreibt das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe unter Bezugnahme auf die Anklageschrift. Die Volksbank weist die Vorwürfe wie immer zurück.

In dem Verfahren stehen seit August 1998 der Vorstandssprecher der Volksbank, Ulrich Misgeld, der ehemalige Vorstand der Euwo-Holding, Peter Schiansky, sowie vier weitere leitende Mitarbeiter der Bank und des Unternehmens unter Anklage. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen bei zwei geschlossenen Immobilienfonds gemeinschaftlichen Betrug an Anlegern in 655 Fällen vor. Sie sollen den Anlegern zwischen Ende 1993 und Frühjahr 1995 ohne ausreichende finanzielle Grundlage Miet-, Fertigstellungs- und Festpreisgarantien versprochen haben. Bei den Fonds handelt es sich um die ehemalige Zigarettenfabrik Dresdner Tabakmoschee und ein Bürohaus am Brunsbütteler Damm im Bezirk Spandau.

Die Volksbank sei Ende 1993 bereits mit Krediten in Höhe von 90 Millionen Mark bei der Euwo- Gruppe engagiert gewesen, heißt es unter Berufung auf die Ermittler und bankinterne Unterlagen. Davon seien 25 Millionen Mark als sogenannte „Blankoanteil“ geführt worden – also ungesichert gewesen. Ein halbes Jahr später habe ein Volksbankmitarbeiter vermerkt: „Ohne unsere Hilfe gibt es einen großen Knall.“

Wäre die Euwo-Gruppe aber zusammengebrochen, so schlußfolgerten die Ermittler, hätte die Bank zumindest einen Teil der ungesicherten Kredite abschreiben müssen. Statt dessen habe man die Immobiliengruppe zahlungsfähig gehalten, bis ausreichend private Anleger für die beiden Immobilienfonds in Berlin und Dresden gewonnen waren. Denn die Anleger hätten nicht nur ihre Anteile in den Fonds gezahlt, sondern sich bei Vertragsabschluß auch verflichtet, noch einmal die volle Einlagesumme nachzuschießen, sollte das Projekt in Not geraten.

Als die Volksbank im August 1994 der Euwo die Zwischenfinanzierung in Höhe von 46 Millionen Mark für das Dresdner Projekt zusagte, ließ sie sich neben dem Grundpfandrecht auch die Nachschußpflicht der Anleger von der Euwo abtreten. Damit habe nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die Bank den unsicheren Kreditnehmer Euwo gegen die solvente Anlegergemeinschaft getauscht. In beiden Fonds mußten die privaten Anleger erheblich nachschießen.

Misgeld wies die Vorwürfe zurück: „Es handelte sich um ein normales Kreditgeschäft. Weder ich persönlich noch die Volksbank haben sich strafbar gemacht“, sagte er dem Spiegel. taz/dpa

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