: Mühlenberger Schlupfloch
Grüne Warnung an SPD: Vogelschutzgebiet nur für den A3XX zuschütten. Veränderter Koalitionsvertrag kommt nicht in Frage ■ Von Sven-Michael Veit
Die Wirtschaftsbehörde, sagt Antje Möller, habe „eine Chance vertan, für klare Verhältnisse zu sorgen“. Die Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion ist „sehr ärgerlich“ über eine Auskunft des Senats. In einer Anfrage hatte Möller wissen wollen, ob die Elbbucht Mühlenberger Loch auch für andere Zwecke als die Fertigung des Riesen-Airbus A3XX zugeschüttet werden dürfe. Die Antwort der Wirtschaftsbehörde des SPD-Senators Thomas Mirow, die sie gestern erhielt, sei „kryptisch“ und eröffne „Schlupflöcher“. Die Grünen aber, so stellt Möller klar, „werden ein anderes als das vereinbarte Projekt nicht mittragen“.
Das laufende Planfeststellungsverfahren der Wirtschaftsbehörde dient zur Schaffung einer Erweiterungsfläche des Dasa-Werkes Finkenwerder. Falls dieses den Auftrag zur Fertigung des geplanten Jumbos erhalten sollte, so hatten SPD und GAL im Koalitionsvertrag vom November '97 vereinbart, würde die Hansestadt eine etwa 170 Hektar große Fläche des Vogelschutzgebietes Mühlenberger Loch zur Verfügung stellen. Die Zuschüttung und Herrichtung des Areals wird mit rund 500 Millionen Steuermark veranschlagt.
„Über die Nutzung“ des Gebietes, so antwortete nun Mirows Behörde, „wird im Rahmen der Abwägung durch den Planfeststellungsbeschluß entschieden“ und nicht aufgrund der „Antragsunterlagen“. Grund genug für die GAL, die Notbremse zu ziehen: „Das Mühlenberger Loch wird nur für den A3XX geopfert“, so Möller. Nur für die rund 4000 Arbeitsplätze, die der Bau des Riesenvogels in Hamburg schaffen soll, sei die Zerstörung dieses Biotops überhaupt vertretbar. „Da liegt“, sagt die Fraktionschefin, „die grüne Schmerzgrenze.“
Und damit die nicht überschritten wird, weist sie auch gleich ihren Amtskollegen Holger Christier in die Schranken. Der SPD-Frak-tionsvorsitzende hatte am Dienstag mit Blick auf den Koalitionspartner über eventuelle „neue Gespräche“ geraunt (taz berichtete). Wenn die Dasa einen anderen Auftrag als den A3XX bekäme – in Wirtschaftskreisen wird über die kleineren Airbusse A318 oder A320 gemunkelt – dann müsse man „ganz neu verhandeln“. Aber nicht übers Mühlenberger Loch, warnt Möller. Für kleinere Aufträge stünden mit dem Rüschkanal oder den Westerweiden Alternativflächen zur Verfügung.
Wenn die SPD in so einem Fall an der Zuschüttung des Lochs festhielte, wäre eine Änderung des Koalitionsvertrages notwendig. „Ich kann mir nicht vorstellen“, glaubt Möller, „daß unser Partner dieses Faß wieder aufmachen will.“
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