: Harte Fronten bei Metallern
■ Arbeitgeberpräsident Hundt will Lohnpolitik angesichts des Tarifstreits ins "Bündnis für Arbeit" einbeziehen. Schröder mahnt moderate Abschlüsse an. Warnstreiks gehen massiv weiter
Bonn (dpa/AFP) – Angesichts des Tarifstreits in der Metallindustrie wollen die Arbeitgeber auch gegen den Widerstand der Gewerkschaften auf einen Einbezug der Lohnpolitik in das „Bündnis für Arbeit“ dringen. Das kündigte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt am Montag in Bonn an. Bisher weigern sich die Gewerkschaften, bei den Bündnis-Gesprächen über die Lohnpolitik zu reden. IG- Metall-Chef Klaus Zwickel hat angekündigt, sofort den Tisch zu verlassen, sollte über dieses Thema geredet werden.
Hundt erklärte dagegen, er werde bei der nächsten Kanzlerrunde am 25. Februar ausdrücklich die Tarifpolitik zum Thema machen, wenn es im Metall-Tarifstreit keine Einigung gebe. Anders als DIHT-Präsident Hans Peter Stihl drohte er aber nicht mit einer Absage des Treffens. Hundt warnte die IG Metall, wer angesichts der abflauenden Konjunktur einen Arbeitskampf anzettele, „versündigt sich geradezu am Standort Deutschland“. Die IG Metall will nach dem 17. Februar Urabstimmungen und Streiks einleiten, falls es bis zum kommenden Donnerstag (11. Februar) keine Tarifeinigung gibt.
Die Tarifpolitik müsse grundsätzlich in die Bündnisgespräche einbezogen werden, forderte Hundt. Regierung, Gewerkschaften und Wirtschaft müßten über Konsequenzen aus dem aktuellen Tarifstreit reden. „Dazu werde ich in jedem Falle Vorschläge unterbreiten, auch im Hinblick auf tarifpolitische Verfahrensfragen.“ Die Lohnpolitik sei für den Arbeitsmarkt und damit den Erfolg des Bündnisses von größter Bedeutung. Die Arbeitgeber verlangten keine Lohnleitlinien, strebten aber eine „Grundsatzübereinstimmung“ zur Tarifpolitik an.
Hundt warnte eindringlich vor einem Arbeitskampf in der Metallbranche. Der tarifpolitische Crashkurs einiger Gewerkschaften sei ein Angriff auf das gerade begonnene Bündnis für Arbeit. Zu hohe Lohnzuwächse würden „massenhaft Arbeitsplätze vernichten“. Die Lohnabschlüsse müßten deutlich unter der Produktivitätssteigerung bleiben, bekräftigte Hundt. Eine langfristig moderate Tarifpolitik sei Kennzeichen aller erfolgreichen „Bündnisse für Arbeit“ etwa in den Niederlanden, in Italien, Irland und Portugal.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte in einem Interview der französischen Tageszeitung Le Figaro, er hoffe, daß in der Metallindustrie ein Streik verhindert werden könne. Man dürfe nicht nur die vergangenen guten Jahre, sondern müsse auch die gegenwärtige „labilere Situation“ sehen. Er hoffe, daß sich die Tarifparteien auf ein Ergebnis einigen, „das den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen gerecht wird“. Die Tarifparteien müßten sich auch mit der Frage beschäftigen, wie die Abschlüsse sein müssen, „damit wir nicht nur 1999 Wachstumsraten bekommen, sondern mittelfristig diese Wachstumsraten erhalten bleiben“. Eine Orientierung an der Produktivitätsentwicklung in Deutschland wäre „schon gut“.
Währenddessen haben gestern vor der heutigen, vermutlich entscheidenden Tarifrunde für die 830.000 Beschäftigten der Metallindustrie in Baden-Württemberg erneut Zehntausende Arbeitnehmer mit Warnstreiks protestiert. Wie die IG Metall mitteilte, lagen die Schwerpunkte der Arbeitsniederlegungen im Südwesten und in Niedersachsen.
In München sagte die IG Metall die für Donnerstag vorgesehene vierte Tarifrunde ab, nachdem die Arbeitgeber in einem Vorbereitungsgespräch mitgeteilt hatten, angesichts der wirtschaftlichen Lage hätten sie keinen Spielraum für eine weitere Aufstockung des letzten Angebots von 2,3 Prozent linear und einer gewinnabhängigen Einmalzahlung von 0,5 Prozent.
In der Branche geht man davon aus, daß es zu einem Abschluß mit einer 3 vor dem Komma kommt und außerdem eine gewinnabhängige Einmalzahlung vereinbart wird. Die IG Metall fordert 6,5 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen