: Innensenator will Kurden-Demos verbieten
■ SPD und Bündnisgrüne: Trauermarsch kann „eine entspannende Wirkung“ haben
Am ersten Wochenende nach der Entführung des PKK-Chefs Öcalan in die Türkei bereiten sich Politiker und Polizei auf neue Auseinandersetzungen vor. Innensenator Eckart Werthebach (CDU) hat bereits im voraus für heute und morgen ein Versammlungsverbot angekündigt. „Die Berliner Polizei wird jede Versammlung, die trotz eines ausgesprochenen Verbots zu entstehen beginnt, sofort auflösen“, sagte Werthebach.
Seine Sprecherin betonte jedoch, jede Anmeldung werde im Einzelfall geprüft. Ein Verbot solle ausgesprochen werden, „wenn die Versammlungsbehörde der Meinung ist, daß die Organisatoren der PKK in irgendeiner Form nahestehen“. Nach Polizeiangaben lagen bis gestern abend keine Anmeldungen für das Wochenende vor. Die „Antirassistische Initiative“ hat jedoch bereits zu einer Demonstration gegen Abschiebungen in die Türkei aufgerufen, die am Sonntag um 15 Uhr vom Breitscheidplatz zum türkischen Konsulat führen soll.
Nach Ansicht des innenpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Hans-Georg Lorenz, kann es „sinnvoll sein, einen echten Schweige- und Trauermarsch zu erlauben“. Eine solche Kundgebung könne „entspannende Wirkung“ haben, müsse aber auf jeden Fall von einem „starken Polizeiaufgebot“ begleitet werden. Dagegen solle man eine Demonstration verbieten, „wenn klar ist, daß es eine aggressive und zerstörerische Veranstaltung werden soll“.
Der bündnisgrüne Abgeordnete Ismail Kosan fürchtet, ein generelles Versammlungsverbot könne zu unkontrollierbaren Ausschreitungen unter anderem gegen türkische Geschäfte führen: „Eine Demonstration dagegen ist kontrollierbar.“ Die Polizei solle nur dann einschreiten, „wenn es zu Gewalt kommt“. Gleichwohl forderte Kosan dazu auf, sich an verbotenen Demonstrationen nicht zu beteiligen. Er rief alle Seiten dazu auf, „der Gewalt nicht mit Gewalt zu begegnen“. Statt dessen müßten die Verantwortlichen alles tun, um die Situation zu entspannen: „Ich würde an die Demonstranten Bonbons verteilen.“
Am späten Nachmittag sprachen die Abgeordneten Riza Baran (Bündnisgrüne) und Giyasettin Sayan (PDS) im israelischen Konsulat mit dem Botschafter Avi Primor. Beide Seiten betonten, es gebe „keine Fehde“ zwischen den Kurden und dem israelischen Staat. Jetzt gelte es, „aus der Spirale der Gewalt auszubrechen“.
Unterdessen wies der CDU- Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky die SPD-Kritik am Polizeieinsatz vor dem israelischen Generalkonsulat als „unverfroren“ zurück. Die SPD wolle nur „von ihrer traditionellen Sympathie mit den kurdischen Separatisten“ ablenken. rab, sam, zel Seite 6
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