: Bahn & Bauern sparen Steuern
Im letzten Moment einigten sich gestern die Bonner Koalitionspartner auf weitere Ausnahmen von der Ökosteuer: Landwirte zahlen ein Fünftel, die Bahn die Hälfte ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – Es ist nie zu spät, sagte sich Karl-Heinz Funke, Sozialdemokrat und Landwirtschaftsminister und setzte kurz vor Schluß noch eine Ausnahme von der Ökosteuer durch: Landwirte werden beim Strom nun mit dem produzierenden Gewerbe gleichgestellt. Und auch die Bahn kann sich freuen. Weil in einer Koalition zum Nehmen immer auch ein wenig Geben gehört, konnten die Grünen ein Junktim erzwingen. Wenn es für eure Klientel billiger wird, so die grünen Verhandlungsführer zur SPD, muß auch etwas für unsere herausspringen. Also schlugen sie für die Bahn einen um die Hälfte ermäßigten Stromsteuersatz heraus. Auf diese beiden Änderungen einigten sich nach Informationen der taz gestern mittag Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) und der grüne Fraktionschef Rezzo Schlauch.
Ab einer Stromrechnung von über 1.000 Mark pro Jahr müssen Landwirte demnach nur ein Fünftel des regulären Ökosteuersatzes von zwei Pfennig pro Kilowattstunde zahlen. Davon profitieren vor allem die Besitzer von Treibhauskulturen, die mit Holland und Belgien konkurrieren müssen.
Ob die Ermäßigung für die Deutsche Bahn AG auch für Straßen-, U- und S-Bahn gilt, war gestern noch unklar. Das Finanzministerium rechnete nach taz-Informationen jedenfalls an einem Entwurf, der auch die kommunalen Verkehrsbetriebe nur noch mit der halben Stromsteuer belastet. Endgültig wird heute der Finanzausschuß darüber entscheiden.
Durch die Befreiung für Landwirte werden etwa 20 bis 30 Millionen Mark Steueraufkommen entfallen, der grüne Wunsch kommt noch etwas teurer: Allein die Deutsche Bahn AG wird dann rund 110 Millionen Mark weniger an Ökosteuer bezahlen müssen. Bei den kommunalen Verkehrsbetrieben werden nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen VDV rund 25 Millionen Mark weniger an Ökosteuer anfallen. Macht insgesamt rund 160 Millionen Mark Einnahmenausfall für den Staat. Außnahmen von der Ökosteuer gibt es bereits für das produzierende Gewerbe (ein Fünftel des Regelsatzes), für Besitzer von Nachtspeicherheizungen (halber Satz) und für die umweltschonenden Kleinkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (totale Befreiung).
Das produzierende Gewerbe kann sich außerdem achtzig Prozent des Betrages, der mehr an Energiesteuern gezahlt als durch geringere Lohnnebenkosten gespart wird, vom Finanzamt zurückerstatten lassen.
Nun wird es wirklich knapp für weitere Änderungen: Freitag ist im Bundestag die abschließende zweite und dritte Lesung.
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