: Falsche Schwangere
■ Amtsgericht spricht Ghanaerin vom Vorwurf des Krankenkassenbetrugs frei
Medizinische Versorgung ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Privileg – auch in der BRD, wo bei den meisten Deutschen wie selbstverständlich eine Krankenversicherungskarte im Portemonnaie steckt. Keinen Zugang zu ÄrztInnen haben indes AusländerInnen, die sich illegal hier aufhalten.
Auch eine junge Schwarzafrikanerin, die im Februar 1998 zur Entbindung in die Frauenklinik Finkenau kam, war in keiner Krankenkasse. Das jedoch wußten die dortigen ÄrztInnen nicht. Sie behandelten die Frau, denn sie hatte die Versicherungskarte einer anderen in der Tasche. Theresa O., auf deren Namen die Karte läuft, beharrt darauf, diese verloren zu haben. Die Staatsanwaltschaft unterstellte ihr, die Karte „ausgeliehen“ und dadurch die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) betrogen zu haben. Gestern verhandelte das Amtsgericht darüber. Theresa O. wurde freigesprochen.
Anfang Februar vorigen Jahres, so erzählte die Ghanaerin vor Gericht, habe sie bemerkt, daß sie die AOK-Karte verloren habe. Umgehend habe sie bei ihrer Krankenkasse den Verlust gemeldet. Damit sei für sie die Sache erledigt gewesen, bis sie Anfang März eine flüchtige Bekannte getroffen habe. Die habe sie mit der Frage begrüßt, wann sie aus dem Krankenhaus entlassen worden sei. Außerdem habe die Bekannte ihr Mitgefühl dafür ausgesprochen, daß Theresa O. in der Finkenau eine Fehlgeburt erlitten habe. Durch diese Begegnung habe sie erfahren, daß eine ihr unbekannte Frau mit ihrer Karte im Krankenhaus war.
Der Amtsrichter machte gestern keinen Hehl aus seinen Zweifeln an dieser Geschichte. Womöglich, so seine Spekulation, sei Theresa O. eine gute Freundin der damaligen Patientin und das Ganze detailliert durchgeplant gewesen. Denn jene Frau, die damals in der Finkenau war, habe des öfteren Besuch von einer Freundin bekommen. Der Beschreibung einer Krankenschwester nach habe diese auffallende Ähnlichkeit mit der Angeklagten gehabt. Eindeutig wiedererkannt hatte die Krankenschwester Theresa O. jedoch nicht. Deswegen plädierte die Staatsanwaltschaft auch darauf, die Ghanaerin freizusprechen. Elke Spanner
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