■ Querspalte: Der Entenpuschen-Putsch
Das war kein Rücktritt, das war ein Staatsstreich. Oskar Lafontaine ging nicht freiwillig. Hauptakteur bei diesem Putsch war sein Sohn Carl-Maurice. Erst streckt Carl-Maurice der gebannt wartenden Öffentlichkeit die Zunge heraus, dann führt er den tagelang in Geiselhaft gehaltenen Vater dem Volke vor: „Der große Vorsitzende steht unter den schmutzigen Sohlen meiner Entenpuschen.“ Hatte nicht vor genau 200 Jahren ein anderer kleiner Mann einen Staatsstreich gegen die Regierung des Volkes geführt: Napoleon den Bonaparte-Putsch? War nicht Oskar Lafontaine selbst auf dem SPD-Parteitag 1996 Antreiber des Mannheimer Putsches gegen Scharping? „Zieht euch warm an“, warnte er damals seine Gegner, ohne zu ahnen, daß einer genau hingehört hatte, um sich mit warmen Entenpuschen auszurüsten und den Finanzminister unter seine Pantoffeln zu bringen.
Nur Bayerns klügster Kopf, Edmund Stoiber, hat das Ausmaß der Lage erkannt und nennt den Entenpuschen-Putsch eine „nationale Krise“. „Ich bin Mitglied des Vereins für deutliche Aussprache“, bekennt er und denkt im Interesse des Landes: „Ein Rücken in der Mitte wäre natürlich im Interesse des Landes zu hoffen.“ Welcher Rücken soll in die Mitte? Carl-Maurice Lafontaines? Reitet der nicht gerade auf den Schultern seines Vaters? Richtung Toskana? Oder gleich weiter auf die Insel Elba? Ganz naheliegend aber ist Carl-Maurice' Beweggrund, den Putsch anzuzetteln. Lafontaines Vorgänger war nur 3.475 Tage im Amt. Dabei wuchsen dem Waigel nicht nur erschreckende Augenbrauen, sein Name verband sich mit einem furchtbaren Vorgang: Im Kellnerjargon nennt man die Taste an der Kasse, die automatisch die Mehrwertsteuer des Finanzministers einrechnet, die „Waigel-Taste“. Seinen wohlklingenden Namen wollte Carl- Maurice Lafontaine dafür niemals hergeben. Michael Ringel
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