Tee wird jetzt noch gerechter

Teetrinker können sich freuen: Das Angebot an ökologisch angebautem und „fair“ produziertem Tee wird größer. Ein Wegweiser durch die Labelvielfalt von  ■ Kay Waggershausen

Wer mit dem genüßlichen Schlürfen seines Tees mehr verbindet als die pure Bedarfsbefriedigung, hat es seit dem vergangenen November einfacher und schwerer zugleich, zwischen den verschiedenen Angeboten zu wählen. Welches ist denn nun der „gerechteste“ Tee?

Vor vier Monaten änderte das Naturland-Siegel, das sich bis dahin vor allem auf die Anbaumethoden konzentrierte, seine Vergabekriterien: In Zukunft werden die Naturland-Betriebe nicht nur auf ökologischen Anbau, sondern auch stärker als bisher auf die Arbeitsbedingungen achten müssen. Und dabei werden sie kontrolliert: Naturland, das einzige deutsche Siegel für ökologischen Anbau, das von der Ifoam (International Federation of organic cultural movements) anerkannt wird.

Stand bislang das „Naturland- Siegel“ für ökologischen Anbau und das „TransFair-Siegel“ für soziale Arbeitsbedingungen und gerechte Preise, so nähern sich die Vergabebedingungen der beiden immer weiter an: Seit vergangenem November ist es jetzt auch für Produzenten, die sich mit dem Naturland-Siegel schmücken wollen, Pflicht, genaue Aussagen über Arbeits- und Lebensbedingungen ihrer Arbeiter zu machen. Andererseits sind die bei TransFair gelisteten Unternehmen verpflichtet, auf ausreichenden Arbeitsschutz zu achten. Der wiederum wird von der Dünger- und Pestizidverwendung beeinflußt. Mittlerweile sind die Hälfte der bei TransFair gelisteten Teeproduzenten auf ökologischen Anbau umgestiegen.

Indiz eines Trends, der nicht nur, aber vor allem auf dem alternativen Teemarkt zu beobachten ist: Das Angebot wird immer größer und hält langsam, aber sicher auch Einzug in die Regale der Supermärkte. Andererseits verschwimmen auch im Teebereich die Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern immer mehr. Es fällt schwer, den Durchblick zu behalten: „Öko“ ist nicht mehr nur „öko“, „fair“ ist nicht nur „fair“, und die Zahl der Konkurrenten steigt ständig.

Das gilt vor allem für Tee. „Der Einzug in die Supermärkte“, sagt Dieter Overath von TransFair, „ist bei Tee schon viel erfolgreicher als bei Kaffee.“ Bei den gerollten Blättchen habe man mittlerweile schon einen Marktanteil von 2,5 Prozent erreicht, bei der Kaffeebohne sei man dagegen erst bei einem Prozent. Und das, obwohl es Kaffee bereits seit 1993 mit TransFair-Siegel gibt, der Tee kam erst anderthalb Jahre später dazu. „Bei Tee sind wir auf viel mehr Akzeptanz bei den großen Importeuren gestoßen“, erklärt Overath, „die großen Kaffeimporteure mauern noch.“

TransFair garantiert mit seinem Siegel einerseits dafür, daß die Plantagenbesitzer einen Preis bekommen, der dem Weltmarktniveau entspricht, mindestens aber ihre Kosten deckt. Andererseits wird versucht, die Mitbestimmung der Pflücker zu fördern: Sie bekommen einen Teil des Geldes überwiesen und entscheiden in Komitees über die Verwendung. Darüber hinaus zahlen die Importeure eine Lizenzgebühr, aus der TransFair seine eigenen Kosten deckt, zum Beispiel für Öffentlichkeitsarbeit. „Wir wenden uns bewußt an Otto Normalverbraucher“, sagt Dieter Overath, „deswegen wollen wir auch in die großen Einkaufsmärkte.“

Aber nicht nur im Supermarkt, auch bei den Weltläden der Gepa (Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt), die sich genau wie TransFair eine gerechte Entlohnung der Pflücker und eine Stärkung der Kleinbauern auf die Fahnen geschrieben hat, tut sich etwas: Die Gepa stärkt ihre Vertriebsstruktur und will es dem Käufer einfacher machen.

„Wir wollen näher an die Verbraucher heran“, erklärt Pressebeauftragte Barbara Schimmelpfennig. Mit einfachen Maßnahmen, wie zum Beispiel der Verlagerung von Geschäften in Straßen mit mehr Laufkundschaft, habe man teilweise Umsatzsteigerungen von bis zu sechzig Prozent erzielen können. Von dem Vertrieb über die Supermärkte verspricht sich Schimmelpfennig nicht viel: „Wir wollen mit unseren Läden ja auch informieren und nicht nur verkaufen“, sagt sie. Für sie geht der Trend beim bewußten Einkauf zum Fachgeschäft und nicht in die Supermärkte. Die Gepa läßt ihre Produkte übrigens sowohl von Transfair als auch von Naturland zertifizieren. Während es also immer einfacher wird, an „fairen“ Tee zu kommen, wird es gleichzeitig immer schwerer, den Überblick über das Angebot zu behalten. Vor allem in Berlin haben alle „fairen“ und „ökologischen“ Teeimporteure dazu noch starke Konkurrenz von der „Teekampagne“ bekommen, die vor 14 Jahren unter dem Motto „Trade statt Aid“ antrat. Sie versetzte damals nicht nur den alternativen, sondern den gesamten Teemarkt in Unruhe. „Unser Ansatz ist ganz einfach“, erklärt Geschäftsführerin Sabine Barbendererde, „wir versuchen Qualitätsbewußtsein beim Verbraucher zu wecken. Die Nachfrage nach gutem Tee, ohne Rückstände, verbunden mit der Bereitschaft, für Qualität zu zahlen, führt dann zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen.“ Aufpreis-Modelle könnten dagegen leicht zu einer Subventionsmentalität führen, die auf Dauer auf dem Weltmarkt sicherlich keine Chance hat.

Erfolgreich ist das Modell, weil bei der Teekampagne kein Geld an die Zwischenhändler geht. Darüber hinaus zeichnet sie sich durch hohe Transparenz aus: Bis auf den Pfennig genau wird dem Verbraucher vorgerechnet, wieviel von dem, was er bezahlt, wirklich bei den Produzenten landet. Das gleiche gilt auch für Rückstände von Pestiziden und Düngemitteln: Auf jeder Packung ist detailliert das Ergebnis der Rückstandskontrolle aufgeführt. Marktwirtschaft pur also? Nicht ganz: Den ökologischen Aspekt läßt die die Teekampagne nicht unbeachtet: Seit 1994 finanziert sie ein Waldaufforstungsprojekt in Darjeeling, das vom WWF durchgeführt wird.

Um dem Teetrinker die Qual der Wahl zu erleichtern, sei ihm folgendes empfohlen: Der marktwirtschaftliche Rationaliste wird wohl mit dem Kampagnentee am glücklichsten, TransFair-Tee dürfte vor allem die ansprechen, die es eher mit Karl Marx als mit Adam Smith halten, und der romantischen Naturfreund-Seele sei der Naturland-Tee an das Herz gelegt.