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Spionageprozeß gegen Kirchenmann

■ Evangelischer Akademieleiter soll für die Stasi gespitzelt haben

Berlin (epd/dpa) – Vor dem Berliner Kammergericht hat gestern der Spionageprozeß gegen den früheren Studienleiter der Evangelischen Akademie in West- Berlin, Peter Heilmann, und seine Ehefrau Getraude begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, über drei Jahrzehnte als IM-Duo „Pepperkorn I und II“ Spitzeldienste für die Stasi geleistet zu haben. Laut Anklage soll das Paar Westberliner Politiker, Wissenschaftler und Künstler ausgeforscht und dafür DDR-Verdienstmedaillen und großzügige Zahlungen entgegengenommen haben.

Der heute 76jährige Peter Heilmann hatte nach Kriegsende in der FDJ Karriere gemacht. 1951 wurde er Opfer der stalinistischen Säuberungen und verbrachte fünf Jahre hinter DDR-Zuchthausmauern. Kurz vor seiner Entlassung 1956 soll er sich zur Stasi-Mitarbeit verpflichtet haben. Er siedelte nach West-Berlin über und trat auftragsgemäß der SPD, der auch sein Vater, der 1940 im KZ Buchenwald ermordete Ernst Heilmann, angehört hatte, bei.

Peter Heilmann, der damals als Journalist für Rias und SFB arbeitete, soll als SPD-Mitglied über die Parteispitze und als Akademieleiter über dort verkehrende Personen berichtet haben. Heilmann war 18 Jahre an der Evangelischen Akademie in West-Berlin tätig, wo er unter anderem Tagungen zu Fragen der deutsch-deutschen Beziehungen veranstaltete. Seine Frau, ebenfalls SFB-Journalistin, soll Informationen aus dem Büro des damaligen Wirtschaftssenators Wolfgang Lüder (FDP) an die Stasi geliefert haben.

Für den Prozeß, zu dem auch der langjährige Führungsoffizier der Heilmanns als Zeuge vorgeladen ist, sind vorerst sechs Verhandlungstage angesetzt. Ob das Paar zu Gefängnisstrafen verurteilt wird, ist nach Ansicht von Beobachtern fraglich. Bei einem Schuldspruch drohen bis zu fünf Jahre Haft.

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