: Demos in oberster Instanz
Wehrmachtsausstellung: Oberverwaltungsgericht verbietet fast alle für heute geplanten Kundgebungen. Nun entscheidet Karlsruhe ■ Von Judith Weber
Keine Demo, nirgends – so will es das Hamburger Oberverwaltungsgericht. Im Eilverfahren hat das Gericht gestern alle für heute geplanten Kundgebungen und Märsche zur Wehrmachtsausstellung untersagt; ausgenommen blieb nur ein Fest von Gewerkschaften, Parteien und Kirchen ab 14 Uhr auf dem Hopfenmarkt.
Entschieden ist damit noch nichts. Sowohl das „Bündnis gegen Rassismus und Faschismus“ als auch der rechtsextreme „Nationaldemokratische Hochschulbund“ (NHB) haben Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Beide wollen in der Innenstadt demonstrieren; die Rechtsextremen haben zudem für 12 Uhr auf der Moorweide eine Kundgebung geplant. Eine Entscheidung der Karlsruher RichterInnen wurde für gestern nacht erwartet.
Das linke Bündnis wehrt sich mit seiner Verfassungsklage vor allem gegen die Gleichstellung mit den Rechten. „Das Motto unserer Demo heißt zwar ,Den Nazi-Aufmarsch verhindern'“, sagte Sprecher Andreas Grünwald. Dennoch habe die geplante Veranstaltung eine eigene politische Ausrichtung. Unbegründet sei der Vorwurf, die OrganisatorInnen hätten sich nicht zur Gewaltlosigkeit bekannt. Auf Krawalle sei man nicht aus, betonte Wolfram Siewald, ebenfalls Sprecher des Bündnisses.
Wie auch immer die RichterInnen urteilen: An den geplanten Treffpunkten – 10 Uhr Stephansplatz, 9.30 Uhr auf dem Platz der Deportierten und dem Carlebachplatz – werden sich Menschen versammeln, glaubt Grünwald. „Die Mobilisierung läuft weiter.“ Besonders DemonstrantInnen von auswärts, vermutet er, „werden den letzten Stand gar nicht mehr mitbekommen“ und an den bekannten Plätzen erscheinen.
Unklar ist, wie die Rechtsextremen reagieren, wenn das Verbot ihrer Aktionen bestehen bleibt. Die Polizei befürchtet, daß sie sich zu spontanen Aufmärschen in und um Hamburg zusammenfinden. Sie könnten aber auch auf Bremerhaven ausweichen. Dort hat die NPD, Mutterorganisation des Hochschulbundes, seit langem eine Demonstration angemeldet.
Angsichts dieser Unklarheiten bleibt die Hamburger Polizei wachsam. Wie geplant sollen heute 3000 BeamtInnen im Einsatz sein. Bestätigt das Verfassungsgericht die Demoverbote, sollen sie prüfen, ob die Auflagen eingehalten werden und sie im Zweifel „konsequent durchsetzen“, so ein Sprecher. Wenn die Verbote aufgehoben werden, hatte Einsatzleiter Wolfgang Sielaff schon vor Tagen prophezeit, „stehen wir vor einem der schwierigsten Einsätze überhaupt“.
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