piwik no script img

Frühstück unter Polizeiaufsicht

Friedliche Demonstration statt Gewalt: 1500 Menschen protestieren gegen Nazis und für die Wehrmachtsausstellung  ■ Von Judith Weber und Hubert Bätz

Und dann fiel die Straßenschlacht doch aus. Rund 3000 PolizistInnen, 1500 DemonstrantInnen sowie ein paar Böller und bunte Raketen – das ist die Bilanz des 5. Juni in Hamburg, des Tages, der das Bundesverfassungsgericht bis Freitag um Mitternacht beschäftigt hatte. Nur Stunden vor dem geplanten Beginn eines Aufmarschs des rechtsextremen „Nationaldemokratischen Hochschulbundes“ auf der Moorweide und mehrerer Gegenveranstaltungen hatten die Karlsruher RichterInnen alle Aktionen verboten. Was dann kam, bewies die Absicht des „Bündnis gegen Rassismus und Faschismus“, eine friedliche politische Demonstration zu organisieren, und bestätigte das Einsatzkonzept der Polizei.

Nachdem sie sich weder auf dem Carlebachplatz, noch auf dem Platz der Deportierten oder dem Stephansplatz versammeln durften, kamen die Demonstrationswilligen gegen Mittag an der Uni zusammen. „Nazis, Nazis, Nazis – raus, raus, raus“, skandierten einzelne; die meisten beschränkten sich jedoch aufs Zuhören und sorgten in umliegenden Bäckereien und Cafés für Umsatzsteigerungen. Gefrühstückt wurde unter Polizeiaufsicht – mehrere hundert BeamtInnen hatten die Grindelallee in beide Richtungen gesperrt.

Daß sich diese Situation nur auf eine Weise vernünftig lösen ließ, sah schließlich auch die Polizei ein: Sie genehmigte eine Spontandemonstration. Keine vermummten DemonstrantInnen, PolizistInnen in Kampfausrüstung nur im Hintergrund: So lauteten die Absprachen, an die sich alle Beteiligten hielten. Unter dem Motto „Nie wieder Krieg. Nie wieder Nazis. Besucht die Wehrmachtsausstellung“ zogen die Versammelten über den Stephansplatz und den Sievekingplatz zum S-Bahnhof Sternschanze – allen voran mehrere Bürgerschaftsabgeordnete der GAL-Abspaltung „Regenbogen“.

„Das Demonstrationsrecht für AntifaschistInnen konnte trotz der Gewalthysterie aus der Innenbehörde durchgesetzt werden“, zeigte sich Andreas Grünwald, Sprecher des Antifa-Bündnisses, nach der Aktion zufrieden. „Die Demonstration war, wie angekündigt, absolut störungsfrei.“ Das, findet er, hätte die Behörde auch gleich haben können. Durch das zuvor erteilte Totalverbot sei es eher schwieriger gewesen, einen friedlichen Ablauf zu gewährleisten. „Da ist unter den Teilnehmenden sehr viel Wut entstanden.“

Rechtsextreme hatten am Sonnabend keine Chance in Hamburg (siehe Text unten). Geht es nach dem antifaschistischen Bündnis, wird das auch an diesem Freitag in Lüneburg so sein. Dort will die NPD um 19 Uhr auf dem Marktplatz eine Kundgebung abhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen