: „Cookie-Air nach Jokio“
■ SchülerInnen jonglieren gegen Gewalt und Geld: 5.000 Mark haben sie so schon für die Verschönerung der Integrierten Stadtteilschule zusammenbekommen
Für eine neue Kletterwand schlagen 50 SchülerInnen der Schule am Leibnizplatz neuerdings Rad. Oder schleudern Keulen durch die Luft. Einen Teil der Einnahmen aus ihrer Show „Cookie Airlines nach Jokio“, mit der sie auf der Bühne der Shakespeare Company auftreten, wollen die jungen ArtistInnen und JongleurInnen spenden. Außerdem sind sie seit zwei Wochen mit der Spendenbüchse unterwegs durch die Neustadt. Bei Einzelhändlern und Verwandten haben sie auf diese Art schon rund 5.000 Mark zusammengeschnorrt.
Diesen Einsatz bringen die Kinder, weil sie sich von der neuen Kletterwand Spaß erhoffen. Die LehrerInnen erwarten mehr: Die 10.000 Mark teure Kletterpiste soll ein Beitrag zur Gewaltprävention sein. Die Idee: Wer dort tobt, wird seine Agressionen friedlich los.
Das Projekt entstand vor fünf Jahren – und eher zufällig. „Unsere Turnhalle war damals asbestverseucht“, erklärt die 17jährige Nadine Zaddam. Der Sportunterricht sollte ausfallen. Lehrer Martin Kurp fand den idealen Ausweg: Jonglieren wurde zur benoteten Disziplin – im Klassenzimmer statt in der Turnhalle. „Jetzt ist Jonglieren ein Teil unseres Lebens“, sagen Nadine Zaddam und Stefanie Schneider verträumt. Immer noch gehört Akrobatik und Jonglage zum Sportunterricht. „Ich kann, seit ich bei der Leibnizshow bin, besser lernen“, erzählt Stephanie Schneider. Sie habe spielerisch gelernt sich zu konzentrieren. Beim Jonglieren vergißt sie ihre Hausaufgaben und die Klassenarbeit.
Lehrer Kurp schwört auf die Zirkusarbeit. „Die Kinder profitieren von der Körpererfahrung.“ Sie lernten, einander zu akzeptieren – und sich gewaltfrei auszutoben. Das ist das eigentliche Ziel der Unternehmung: die Gewaltprävention. Seit ein Schüler auf dem Schulhof verprügelt wurde, diskutieren die LehrerInnen, wie Gewalt verhindert werden kann. Eine Überlegung: außer Tobezonen soll es künftig auf dem Schulhof auch Ruhezonen und Rückzugsmöglichkeiten geben. Auch dafür wird ein Teil der Spenden verwendet.
Zwei Stunden dauert das Spektakel, bei dem jetzige und sogar ehemalige SchülerInnen der Integrierten Stadtteilschule heute zum letzten Mal in diesem Jahr auftreten – zu fünft an einem Trapez, in Menschenpyramiden oder wie Bären auf dem Ball. Man merkt ihnen an, daß sie Erfahrung haben. „Cookie-Airlines nach Jokio“ ist bereits die dritte Show der elf- bis 17jährigen. „Wir werden jedes Jahr besser“, sagen Nathalie und Stephanie selbstbewußt. Sie machen von Anfang an mit bei der abwechslungsreichen und witzigen Mixtur aus unterschiedlichen Zirkusnummern.
Da jagen zwei Jungen ihre roten Diabolos im Gleichtakt über die Strippen, lassen die aneinandergeschraubten Plastikkegel um ihre Oberschenkel tanzen und schleudern sie um ihre Hüften, um sie im hohen Bogen einander zuzuwerfen und souverän wieder aufzufangen. Im nächsten Augenblick jonglieren an derselben Stelle drei Mädchen mit neun Keulen. Zwischen Jonglage, Seiltanz und Bodenartistik lacht das Publikum über Sketcheinlagen.
Für Nadine und Stephanie ist der Applaus der Zuschauer mehr als eine Momentaufnahme. Sie sehen die Zirkusschule als Sprungbrett in die Zukunft. Nach dem Abi wollen sie zur Schauspielschule.
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Andrea Reidl
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