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Roter Hahn aus Pappe

Spielerischer Brandschutz mit Eimerkette und Handdruckspritze: Kinderstadt St. Sebastian zu Gast im Museumsdorf Volksdorf  ■ Von Konstanze Ehrhardt

Eigentlich ist das mittelalterliche Museumsdorf Volksdorf ein eher verträumter Ort. Strohgedeckte Klinkerhäuschen gruppieren sich um den grünen Dorfplatz, in der Mitte wächst eine knorrige Linde, und auf dem Hof gackern die Hühner. Doch an diesem Donnerstag ist alles anders. Lärmend drängt sich ein Dutzend Neun- bis Zehnjähriger um eine alte Handdruckspritze, die auf einer roten Pferdekutsche befestigt ist. Es brennt im Museumsdorf.

Ganz echt sind die Flammen, die dramatisch aus den Holzhäuschen züngeln, allerdings nicht. Und die Katen, im Stile der vergangenen drei Jahrhunderte gebaut, sind auch nur zu Gast im Dorf. Ebenso wie die alten Feuerlöschgeräte gehören sie zur mobilen Kinderstadt St. Sebastian. Ehemalige Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr Hamburg ziehen normalerweise mit ihr an die Schulen – zur praktischen Brandschutzerziehung. Diesmal aber, und auch noch am 13. und 14. Juli, dient das Museumsdorf DrittkläßlerInnen aus drei Hamburger Schulen als passende Kulisse.

„Jetzt geht's los“, ruft Carl Gerlach, Brandoberingenieur im Ruhestand und einer der Reiseleiter auf dem Trip durch die Geschichte der Feuerbekämpfung. Kinder haben sich in einer Reihe aufgestellt und reichen eifrig Wassereimer weiter. „Wichtig ist es, daß der Eimer nicht ganz voll ist“, erklärt Gerlach, der heute extra seine blaue Feuerwehruniform trägt. Dann sei der Strahl effektiver. Noch ergiebiger als diese Löschmethode des 18. Jahrhunderts ist allerdings die 100 Jahre jüngere Variante: Zehn Kinder pumpen um die Wette, bis ein ordentlicher Wasserstrahl aus dem Schlauch der Handdruckspritze schießt.

Daß die, wie auch ihre moderne Kollegin, die motorgetriebene Feuerlöschkreiselpumpe, im mittelalterlichen Dorf-Ambiente eher fehl am Platze ist, stört die SchülerInnen so wenig wie das Notruftelefon in der alten Schmiede. „Hier brennt das Fett“, ruft die zehnjährige Daniela Duff aus der Grundschule Alsterredder aufgeregt in den Hörer. Wasser würde alles nur noch schlimmer machen – das wissen auch die Kinder der Anne-Frank-Förderschule ganz genau. Für sie war der Besuch im Mitmach-Museum der Abschluß einer Unterrichtseinheit. Fächerübergreifend, erzählt Lehrerin Bianka Petri: In Physik wurden verschiedene Brandursachen demonstriert; wie man mit der Feuerwehr telefoniert, lernten die Kinder im Deutschunterricht.

So macht Schule Spaß, finden auch die neunjährige Sonja und ihre gleichaltrige Mitschülerin Chiara aus der Ahrensburger Grundschule. Viel gelernt haben sie außerdem: Die Feuernotrufnummer kommt wie aus der Spritzpistole geschossen.

Schulen, die das Projekt St. Sebastian einladen wollen, sollten sich an die Schulbehörde wenden. Die mobile Kinderstadt ist auf Spenden angewiesen: Kto-Nr. 12 62 11 21 29, Haspa, BLZ 20 05 05 50.

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