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Um eigene Schließung beworben

Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales macht Deutsch-Ausländische Begegnungsstätten in St. Pauli, Billstedt und Heimfeld dicht  ■ Von Elke Spanner

22 Jahre interkulturelle Arbeit, „nicht ein Tag ohne Überstunden“, und dann kommt ein Fax und teilt mit: Das war's. Die Geschäftsführerin der Deutsch-Ausländischen Begegnungsstätte (DAB) in der Simon-von-Utrecht-Straße, Nurcan Demir, fiel aus allen Wolken, als die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) gestern die Entscheidung verkündete, die Einrichtung zum Jahresende zu schließen. In der DAB auf St. Pauli, eine der ältesten in Hamburg und mitten in einem Armutsgebiet gelegen, seien die Sozialberatung für MigrantInnen, die Sprachkurse und Kulturveranstaltungen stark frequentiert, sagt Demir. Die Behörde indes argumentiert mit einer relativen Überversorgung des Hamburger Westens.

Die wäre ohnehin hausgemacht – durch die BAGS. Anfang März schrieb die Behörde die Trägerschaft für sämtliche 16 Hamburger Begegnungsstätten öffentlich aus. Darunter war auch die im „Haus für Alle“ in Eimsbüttel, die seit Monaten brachliegt und neu aufgebaut werden muß. Für diese hat sich auch der Trägerverbund, dem die DAB St. Pauli angehört, beworben. Den Zuschlag aber erhielt die Arbeiterwohlfahrt (AWO). „Wir müssen unsere erfolgreiche Arbeit einstellen, weil anderswo eine neue Begegnungsstätte eröffnet werden soll“, ist Demir fassungslos.

Den MitarbeiterInnen in St. Pauli muß zum Jahresende gekündigt werden. Die BAGS hat sie aufgefordert, sich beim neuen Träger AWO zu bewerben, und will diesen bitten, „bei gleicher Eignung vorrangig bisher bei der Begegnungsstätte St. Pauli beschäftigte Personen zu berücksichtigen“. Der Begegnungsstätte St. Pauli gereicht auch zum Nachteil, daß sie sich jahrelang mit mangelhaften Arbeitsbedingungen und beengten Räumen arrangiert hat. Nun argumentiert die BAGS, ein wesentlicher Grund für die Entscheidung sei „die räumliche Situation und die damit verbundene Eignung auch im Hinblick auf zukünftige Entwicklungskapazitäten“. Warum, fragt Demir, „hat man uns dann nicht das größere Haus für Alle gegeben?“ Die BAGS beantwortet die Frage nicht. Sprecherin Petra Bäurle sagt lediglich, der Träger habe sich nicht gegen seinen Konkurrenten AWO durchsetzen können.

Neben der DAB in St. Pauli werden noch zwei weitere Anlaufstellen für MigrantInnen geschlossen – wenn die Behörde das so auch nicht formuliert. Die BAGS hatte angekündigt, zwei Einrichtungen würden in bestehende „integriert“: Die Arbeit der Begegnungsstätte in Heimfeld soll von denen in Harburg und Wilhelmsburg mit übernommen, die Einrichtungen in Billstedt und Horn werden an einem Ort zusammengelegt.

Doch während die Personalstellen der Billstedter DAB immerhin der in Horn zugeschlagen werden, werden die Stellen der Einrichtung in Heimfeld ersatzlos gestrichen. Und der Etat der DABs in Wilhelmsburg und Harburg wird trotz der zusätzlichen Aufgabe nicht erhöht.

„Es ist das Geheimnis der Behörde, wie wir mit unserem Etat die Region Heimfeld mit abdecken sollen“, sagt Detlef Schrader vom Trägerverein „Bürgerinitiative ausländische Arbeitnehmer“ in Wilhelmsburg.

Gelöst hat selbst die BAGS dieses Rätsel noch nicht. „Darüber“, räumt Bäurle ein, „müssen wir nun mit den Trägern beraten“.

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