: Edmund Stoiber: Schuld sind immer nur die anderen
■ Bayerischer Ministerpräsident weist Vorwürfe wegen Immobilienaffäre zurück
Berlin (AP/taz) – Die Millionenverluste der bayerischen Wohnungsbaugesellschaft LWS beschäftigen nun auch die Staatsanwaltschaft. Nach Informationen des Spiegels prüft die Staatsanwaltschaft München I, gegen die früheren Mitglieder der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats Ermittlungen wegen Untreue einzuleiten. Dann würde die Justiz in Bayern auch gegen ihren eigenen Ressortminister Alfred Sauter vorgehen müssen, der 1993 bis 1998 Aufsichtsratsvorsitzender der LWS war.
Die Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft Bayern (LWS) hatte Anfang der 90er-Jahre auf Betreiben von Edmund Stoiber, damals bayerischer Innenminister und seit 1993 Ministerpräsident, in Thüringen und Sachsen in riskante Bauträgergeschäfte investiert. Die Expansion erfolgte trotz schwerwiegender Bedenken des Finanzministers. Das Ergebnis: 367 Millionen Mark Verluste bis Ende des vergangenen Jahres. Die rot-grüne Opposition will die Immobiliengeschäfte in einem Untersuchungsausschuß überprüfen.
Ein Nutznießer des Finanzdebakels ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die Bayerische Landesbank, an der der Freistaat zu 50 Prozent beteiligt ist. Sie konnte 1998 zu ihrem Anteil auch noch den Bundesanteil der angeschlagenen LWS übernehmen: Für 15 Millionen Mark, denen Immobilien im Wert von 325 Millionen gegenüberstanden, weit mehr als die Verbindlichkeiten, die die Bank mit übernehmen musste.
Edmund Stoiber hat am Wochenende Vorwürfe, er habe nicht rechtzeitig eingegriffen, zurückgewiesen. „Es wurde ja nicht Alarm geläutet“, erklärte Stoiber. Er sei nicht der „Krisenmanager der LWS“. Verantwortlich seien Management und Aufsichtsrat. Einen Brief des damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Sauter vom August 1998, in dem er das Ausmaß des Finanzdebakels detailliert beschrieb, ließ Edmund Stoiber von seinem Büroleiter Klaus Weigert beantworten. Stoiber bitte um Verständnis, heißt es in dem Brief, „dass ihm aufgrund der Darstellung der einzelnen Sanierungsschritte natürlich kein abschließendes Urteil über das Sanierungskonzept möglich ist“. Die rot-grüne Opposition meint, daß Stoiber schon lang vorher die Schieflage der LWS zur Chefsache hätte machen müssen. GG
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen