: Neue Gesetzespleite von Trittin
Wieder einmal unterschätzte der Umweltminister die rechtlichen Probleme seiner Pläne – er muss sein Umweltgesetzbuch auf die lange Bank schieben ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – Erneut scheitert Umweltminister Jürgen Trittin mit einer Gesetzesnovelle an rechtlichen Bedenken im Kabinett. Nach der Atomnovelle im Frühjahr trifft es diesmal das Umweltgesetzbuch, ebenfalls eines der „Top-10-Themen“ des grünen Ministers, das er mit hoher Priorität durchziehen wollte. Mittwoch beschloss das Kabinett, das Gesetzbuch erst mal zurückzustellen.
Eigentlich sollte in einem großen Wurf das ganze zerstückelte deutsche Umweltrecht endlich in einem Gesetzbuch klar zusammengefasst werden. Die von der EU verlangte Umsetzung zweier Umweltrichtlinien in deutsches Recht schien der willkommene Anlass. Doch nun sollen die beiden EU-Richtlinien zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und zur Integrierten Vermeidung von Umweltverschmutzung (IVU) schlicht ins bestehende Recht eingebaut werden. Es ist höchste Zeit: Die Frist für das UVP verstrich am 15. März, beim IVU ist es kommenden Monat so weit.
Doch bis zuletzt hoffte Trittin, das Umweltgesetzbuch noch zeitig auf den Weg zu kriegen. Das Problem: Wenn man das erklärte Ziel erreichen will, dass Firmen künftig eine Anlage nach einem Gesetz bei einer Behörde genehmigt kriegen, muss neben Boden- und Luftrecht auch das Wasserrecht integriert werden. Da jedoch haben die Länder das Sagen, der Bund vefügt nur über eine „Rahmenkompetenz“.
Bislang vertrat das Umweltministerium, gestützt auf Verfassungsexperten, den Standpunkt, dass das kein Problem für die geplanten Paragrafen sei. Noch auf der Kabinettssitzung im Mai hatte man fest auf diesem Standpunkt beharrt. Doch Justiz- und Innenministerium hatten verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Entwurf. Trittins Beamte fügten eine Öffnungsklausel nach der anderen ein, ohne die beiden Ministerien überzeugen zu können. Am Ende war der Entwurf so verwässert, dass der Umweltminister und sein Staatssekretär Rainer Baake die Notbremse ziehen mussten.
Peinlich. Wie schon bei den Entschädigungsfragen der Atomnovelle hat Trittin offenbar einmal mehr auf allzu sorglose Experten gehört. Entsprechend kleinlaut meldete er sich gestern zu Wort: Er wolle die Länder „für eine Initiative zur Änderung des Grundgesetzes gewinnen“, hieß es gestern in einer Pressemeldung.
Dadurch soll nun der Bund die nötigen Gesetzgebungskompetenzen von den Ländern erhalten. „Das wird nicht leicht“, schätzt Ulrike Mehl, Umweltsprecherin der SPD-Fraktion. Auch die CDU muss ins Boot geholt werden.
So oder so: Die Luft ist erst mal raus aus der Sache.
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