: Untersuchung ohne Rücksicht auf Personen“
■ Volker Neumann (SPD) soll dem Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Kiep-Affäre vorsitzen. Dass auch die SPD in den Strudel der Spendenaffäre gerissen wird, befürchtet er nicht
taz: Zuerst standen Sie einem Untersuchungsausschuss in der Kiep-Affäre skeptisch gegenüber. Was hat ihre Meinung geändert?
Volker Neumann: Ich habe befürchtet, dass viele mögliche Zeugen von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Nachdem aber zunehmend erklärt wird – auch von Mitgliedern der CDU/CSU –, dass alles restlos aufgekärt werden soll, kann ich mir das nicht vorstellen. Hinzu kommt, dass immer mehr Fakten zusammengetragen werden.
Wie ist die Aufgabe des Ausschusses genau beschrieben?
Es geht um die Frage: Ist durch Zuwendungen in weitester Form auf Entscheidungen der Regierung Einfluss genommen worden.
Worum geht es konkret?
Das sind vier Punkte: Verkauf der 36 Panzer an Saudi-Arabien, zweitens Privatisierung von Leuna und Verkauf des Minol Tankstellennetzes, drittens Lieferung von Flugzeugen der deutschen Airbus GmbH an kanadische und thailändische Fluggesellschaften in den 80er-Jahren und viertens die Lieferung von MBB-Hubschraubern an die kanadischen Küstenwache in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre. Überall sind die handelnden Personen etwa die gleichen, und in allen Fällen gab es Schmiergeldvorwürfe in der Presse.
In alle Fälle sind Schreiber und Kiep verwickelt?
Schreiber vor allem. Es sind Vorwürfe veröffentlicht worden, denen wir nachgehen, weil es hinreichende Verdachtsmomente gibt. Bei der Kiep-Geschichte wissen wir sicher, dass Geld gezahlt wurde. Jeder normale Mensch hätte eine Parteispende überwiesen und nicht bar im Metallköfferchen übergeben.
Die CDU soll Spenden gestückelt haben, gibt es das bei der SPD auch?
Ich finde die Veröffentlichung nicht sensationell, aber eine solche Praxis ist klar eine Umgehung des Parteispendengesetzes. Ich kann keine Hand dafür ins Feuer legen, dass es das bei der SPD nicht gibt. Aber Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier hat versichert, dass es das bei uns nicht gibt. Da verlasse ich mich drauf.
Mit welchen Problemen rechnen Sie im Ausschuss?
Das Problem wird sein, dass wir ständig Wahlen haben. Aber ich möchte darauf keine Rücksicht nehmen.
Liegt es nicht im Wesen des Parteienspendensystems, dass Politik käuflich wird?
Die Parteien können sich nicht allein aus Mitgliederbeiträgen finanzieren. Nur aus staatlichen Mitteln zusätzlich passt auch nicht zu unserem System. Wir würden die Möglichkeiten der Parteien sehr einschränken. Aber wo wird das zu einer Einflussnahme auf die Politik? Ich habe in den 20 Jahren im Bundestag gemerkt, dass es Leuten leichter fällt, an Regierungsparteien zu spenden. Daran kann man schon den Versuch der Einflussnahme erkennen. Wenn es aber darum geht, eine Einzelentscheidung durch Spenden herbeizuführen, ist das unmoralisch und unzulässig. Das wäre Bestechung.
Wieso ist die SPD mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses so zögerlich gewesen? Hat man Sorge, dass sich der enge Kontakt von Kanzler Schröder zu Kiep nachteilig auswirkt?
Ich finde, das muss man ohne Rücksicht auf Personen untersuchen. Schröder hat gesagt, so eng wäre der Kontakt nicht gewesen.
Und die Hombach-Affäre?
Ich habe mich mit dem Fall Bodo Hombach nicht näher befasst und habe das auch nicht vor. Aber die CDU ist frei, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Interview: Karin Nink
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