: Genossen wild entschlossen
Spenden-Affäre: Nicht nur mit dem Fall Kiep soll sich der Untersuchungsausschuss befassen, sondern mit dem Gesamtkomplex Schreiber ■ Aus Berlin Tina Stadlmayer
SPD und Grüne haben sich auf eine schöne weite Fassung des Untersuchungsauftrages geeinigt“, freute sich der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele. Denn jetzt steht es fest: Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss wird Schmiergeldzahlungen „an Mitglieder der CDU, der ehemaligen Bundesregierung und andere Personen“ von Mitte der Achtzigerjahre an bis heute untersuchen. Ströbele sagte der taz, dass sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses Parteispenden und Waffenhandel bereits in der kommenden Woche zur konstituierenden Sitzung treffen werden.
Der künftige Ausschussvorsitzende Volker Neumann bestätigte, dass es bei den Untersuchungen nicht nur um die angeblichen Parteispenden des Waffenhändlers Schreiber im Zusammenhang mit Panzerlieferungen an Saudi-Arabien und dem Verkauf der ostdeutschen Ölraffinerie Leuna gehen wird. Die Parlamentarier wollen auch die Lieferungen der Airbus GmbH und des MBB-Konzerns nach Kanada unter die Lupe nehmen (siehe Interview unten). In allen vier Fällen habe der Waffenhändler Schreiber eine Rolle gespielt, deshalb müsse nun geprüft werden, ob Schmiergelder gezahlt und das Gesetz zur Parteienfinanzierung verletzt worden sei.
Ströbele, der für die Grünen im Untersuchungsausschuss sitzen wird, sagte, die SPD sei anfangs „sehr zögerlich“ gegenüber einem Untersuchungsauschuss gewesen. Inzwischen wirkten die Genossen aber „wild entschlossen“, alle Vorwürfe im Zusammenhang mit den Parteispenden an die CDU aufzuklären. Ströbele sieht kein Problem darin, dass gegen den ehemaligen CDU-Schatzmeister Leisler Kiep und den Waffenhändler Schreiber Ermittlungsverfahren gleichzeitig laufen und sie deshalb die Aussage vor dem Ausschuss verweigern können.
Die Staatsanwaltschaft wirft Kiep vor, eine Parteispende des Waffenhändlers Schreiber von einer Million Mark nicht versteuert zu haben. Ströbele geht davon aus, dass sich Kieps Vertrauter Horst Weyrauch, der ehemalige CDU-Generalsekretär Volker Rühe und Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl nicht auf das Aussageverweigerungsrecht berufen dürfen. Außerdem, so der grüne Innenpolitiker, „könnte auch Herr Schreiber ein Interesse daran haben, seine Version vor dem Ausschuss darzulegen“.
Jeden Tag würden neue Details über „Zuwendungen und Provisionen“ an die CDU bekannt, die möglicherweise bis in die jetzige Zeit reichten. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hatte auch Kieps Nachfolgerin, CDU- Schatzmeisterin Brigitte Baumeister, Kontakt zu Schreiber. Sie habe sich mit ihm vor 18 Monaten in der Schweiz getroffen. Zu diesem Zeitpunkt war in Deutschland bereits Haftbefehl gegen Schreiber erlassen.
Der Spiegel berichtet in seiner jüngsten Ausgabe, auch nach dem Rücktritt Kieps 1992 seien weitere Großspenden „verschleiert worden“. Danach ließen der Quelle-Konzern und der Pharma-Multi Merck der CDU 1993 Spenden von jeweils 100.000 Mark zukommen. Da Spenden erst ab 20.000 Mark im Rechenschaftsbericht aufgeführt werden müssen, seien diese Summen in kleinere Beträge zerstückelt worden.
Gerüchten zufolge ist dies allerdings eine gängige Paxis. Auch andere Parteien würden das Parteispendengesetz auf diese Art und Weise umgehen. SPD Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier sagte im ZDF, sie stehe dafür gerade, dass es solche „gestückelten Spenden“ an die Bundes-SPD nicht gegeben habe. Allerdings habe sie keinen kompletten Überblick darüber, was auf Landes- und Bezirksebene in diesem Bereich geschehe. Als „absolut unwahr“ wies sie auch die Vorwürfe des ehemaligen Bundeskanzlers Kohl, der sich seinerseits gegen den Vorwurf der Mitwisserschaft verteidigen musste, zurück, die SPD habe Parteispenden von den Gewerkschaften verschwiegen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen