: Training in Multikulti
■ Die Polizei will nett zu Ausländern sein. Ein EU-gefördertes Bildungsprogramm für Polizisten hat Erfolg – aber keine Zukunft
Immer wieder klagen Ausländer darüber, von deutschen Polizisten diskrimiert oder gar misshandelt worden zu sein. Um dem entgegenzuwirken, hat die Europäische Kommission vor zwei Jahren das Napap-Programm (Non-Government Organisations and the Police against Prejudices) ins Leben gerufen. Zum Abschluss des Programms zogen nun gestern die Berliner Beteiligten Bilanz, und zwar eine überwiegend positive. Das Programm sei ein richtiger Ansatz gewesen, Polizei und Ausländer einander näher zu bringen, sagte die Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John.
Ziel des Programms war es, unter den Teilnehmern sich gegenseitig bedingende Lernprozesse zu fördern. Zugleich sollen migrantenpolitische Themen verstärkt in Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten eingebunden werden. Darüber hinaus wurden Migranten dazu ausgebildet, Kursleiter für Weiterbildungsmaßnahmen für Polizisten zu werden. Projektpartner waren die Berliner Polizei und das „Büro gegen ethnische Diskriminierung Berlin Brandenburg“.
Insgesamt nahmen rund 350 Polizeianwärter an den viertägigen Trainingsmaßnahmen teil. Das Training behandelte die Situation von Migranten und ethnischen Minderheiten. In Rollenspielen wurde versucht, bei den jungen Polizisten Verständnis für deren Lebenssituation zu entwickeln. „Unsere Polizisten müssen mehr Kompetenz in Ausländerfragen entwickeln“, sagte Harald Selowski, Abteilungsleiter der Landespolizeischule. Damit solle dem Vorwurf begegnet werden, Polizisten seien ausländerfeindlich.
Positive Bilanz zog auch die Schöneberger Ausländerbeauftragte Emine Demirbüken. Ansonsten umstrittene Begriffe wie Multikulti seien Normalität in den Kursen gewesen. Vielleicht könnten demnächst auch Ausländer sagen: „Die Polizei ist mein Freund und Helfer“, meinte Demirbüken. Allerdings dürfe man von einem solchen Programm auch keine Wunder erwarten, sagte Demirbüken auf die Nachfrage, ob durch Napap die Zahl von Menschenrechtsverletzungen durch Polizisten zurückgegangen sei. „Man kann gewachsene soziale Kompetenz nicht messen.“
So habe es auch gar nicht Ziel sein können, dass die Zahl von Übergriffen durch Polizisten sofort zurück geht, betonte Ali Fathi vom Antidiskriminierungsbüro. Schließlich sei Rassismus ein gesellschaftliches Problem, das zunehme. „Die Polizei macht da keine Ausnahme.“ Mit dem Programm könne man lediglich eine gewisse Sensibilität bei den Polizisten schaffen. Kritisch äußerte sich Fathi über den Umfang des Programms: „Napap ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Viel zu wenige Polizisten hätten daran teilnehmen können. Und ohne die europäische Unterstützung hätte es das Programm wohl auch nicht gegeben.
Völlig unklar ist zudem, ob Napap nach dem Auslaufen der EU-Förderung überhaupt fortgesetzt wird. Die Beteiligten jedenfalls forderten gestern den Senat unisono auf, die nötigen Mittel dafür bereit zu stellen. „Hundertausend Mark sind schließlich nicht viel Geld“, sagte John.
Richard Rother
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