Neues vom Kultur-Spar-Countdown
: Das Zauberwort heißt „Umbautopf“

■ Es klingt nach Déja vù: Das Kulturressort setzt jetzt auf eine zweijährige Schonfrist

Die Leute von der Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK) und in der Städtischen Galerie werden demnächst ins Grübeln kommen. „In der bildenden Kunst sind staatlich geförderte Galerien vor dem Hintergrund effektiver privater Galerien und Initiativen kritisch zu überprüfen“, heißt es in einem Konzept für die Kulturentwicklung, das Kultursenator Bernt Schulte (CDU) gestern seiner Fachdeputation vorgelegt hat. Auf vier Seiten machen sich der Senator und seine MitarbeiterInnen da Gedanken, wie und wann die Einsparziele der Landesregierung zu verwirklichen sind. Und da steht bald nicht nur die GAK unter einem neuen Rechtfertigungsdruck. Auch an den Tarifstrukturen des Theaters am Goetheplatz und von anderen Einrichtungen sowie an der Struktur der beiden Orchester Kammerphilharmonie und Philharmonisches Staatorchester setzt Schultes Reformeifer in einer losen Vorschlagsliste an.

Schulte pocht dabei auf die Gesprächsbereitschaft in der Kulturszene. Deshalb erteilt er den Sparforderungen des Senats für die nächsten beiden Jahre eine Absage (siehe nebenstehenden Artikel): „Kurzfristig sind Einsparungen im Kulturhaushalt nicht zu erzielen“, schreibt er. Also hat sein Etatentwurf weiterhin ein Defizit von insgesamt 20,6 Millionen Mark in den Jahren 2000 und 2001. Tarifsteigerungen, die Kosten für die neue Zentralbibliothek oder die Sanierung des Übersee-Museums sind dabei noch nicht berücksichtigt.

„Umbautopf“ oder „Strukturumbaufonds“ lauten jetzt die Zauberworte, mit denen Schulte die Vielfalt der Kulturszene weiterhin fördern und zugleich doch mittelfristig die Senats-Sparquoten erreichen will. Der Senator hofft, dass er dafür Sondermittel zusammenbekommt. Wo die herkommen sollen und wie viel Geld da fließen wird, hat er den Deputierten gestern allerdings noch nicht verraten.

Nicht wenige in der Stadt werden bei diesem Konzept ein Déja-vù-Gefühl haben. Denn schon Schultes Vorgängerin Bringfriede Kahrs (SPD), ihr damaliger Senatsrat Rainer Köttgen und der Senatskanzleichef Reinhard Hoffmann hatten die gleiche Strategie. Während die Unternehmensberatung McKinsey im Schnellwaschgang die Kulturszene unter die Lupe nahm und der Senat den Haushaltseckwert kürzte, wurden die Objekte der Untersuchung in den letzten beiden Jahren mit 50 Millionen Mark Sondergeld ruhig gestellt. Schon 2000, so der Plan, sollte die Kulturförderung reformiert und zugleich gekürzt werden können. Jetzt dürfen sich der CDU-Mann Schulte und die LeiterInnen der dem Vernehmen nach immer noch desorganisierten neuen Kulturverwaltung den Kopf darüber zerbrechen.

In Schultes Liste tauchen einige Vorschläge auf, die schon seit Jahren auf dem Tisch liegen. Insbesondere die SPD-Kulturpolitikerin Carmen Emigholz kann sich darüber freuen, dass ihre Ideen jetzt in Deputationsvorlagen stehen. Da erscheint die „Kulturmark“, nach der aus jeder Eintrittskarte zu einem öffentlich geförderten Event eine Mark an künstlerische Projekte gehen soll. Auch die jüngst von Emigholz und dem SPD-Wirtschaftspolitiker Detmar Leo verbreitete Betonung der arbeitsmarktpolitischen Rolle von Kultur findet sich in Schultes Konzept wieder. Das gleiche gilt für die engere Kooperation von Staatsorchester, Kammerphilharmonie und Musikfest. Nach dieser Idee könnte das Staatsorchester bei Bedarf die unbesetzten Stellen mit MusikerInnen aus der Kammerphilharmonie füllen. Mehr Zusammenarbeit der Museen sowie neue Sponsoringmodelle sind weitere Positionen auf Schultes Liste.

„Wir haben jetzt eine gute Grundlage, auf der die weiteren parlamentarischen Haushaltsberatungen aufbauen können“, sagte die neue kulturpolitische Sprecherin der CDU, Sigrid Koes-termann, zum Konzept. Carmen Emigholz erklärte, dass es jetzt darauf ankomme, die Sondermittel dafür zu bekommen. Und sie appellierte an Schulte, sich mit Wirtschaftssenator Josef Hattig zusammenzusetzen. Die Bündnisgrüne Helga Trüpel bewertete das Konzept als unseriös und viel zu lapidar: „Wir verlangen eine saubere Lösung. Und die geht nur über eine Eckwerterhöhung aus Mitteln des Wirtschaftsressorts.“ ck