Kommentar: Ausstieg – und dann?
■ Warum die GAL einfach mal versuchen sollte, Erfolge nicht kleinzureden
Nicht alles, was mensch gerne tun würde, ist vernünftig. Das gilt auch im Umkehrschluss. Hamburgs Grüne haben in Sachen Atomausstieg den kühlen Kopf über das heiße Herz gestellt. Eitel Freude will da nicht recht aufkommen. Das ist zwar nachvollziehbar, aber falsch ist es dennoch.
Es mag ja vor 20 Jahren seelisch befriedigender gewesen sein, in der Kneipe und auf der Straße den sofortigen Atomausstieg zu fordern; doch schon für alle, die 1986 vor Brokdorf im Wassergraben lagen, hielt sich der Spaßfaktor in Grenzen. Ohne beides aber wäre nicht das erreicht worden, was jetzt auf dem Spiel steht.
Die Chance, dass eine der größten und technikgläubigsten Industrienationen eine unverantwortliche Technologie zu Grabe trägt, ist in der Tat historisch; sie zu vertun, wäre unverzeihlich. Der GAL wie den Grünen insgesamt würde es nicht schaden, Erreichtes positiv zu sehen, statt Erfolge wie schon so häufig kleinmütig zu zerreden.
Zwar solle, weiß der Volksmund, der Tag nicht vor dem Abend gelobt werden, doch wäre es nützlich, intensiver an den Tag danach zu denken. Noch vor dem Ausstieg muss der Einstieg kommen, und der ist bislang nur dürftig skizziert. Ein einleuchtendes Bild der Energiewende muss gezeichnet und offensiv vermittelt werden. Und zwar denen, die noch zweifeln. Dazu aber braucht es das Engagement für morgen, nicht die Freude von Veteranen an den Schlachten von gestern.
Auf dem Papier hat die GAL das akzeptiert. Also denn: frisch ans Wind- und Gaskraftwerk. Sven-Michael Veit
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